Infos

  • Bericht über die Prozesstage vom 5. und 6. August 2025

    Nach der dreiwöchigen Sommerpause wurde der Prozess gegen Daniela Klette am 5. und 6. August 2025 fortgesetzt.  

    Ende März hat der Prozess gegen das nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF (Rote Armee Fraktion) Daniela Klette vor dem Landgericht Verden begonnen. Angeklagt ist Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen und wegen Mordversuch an zwei Geldboten im Juni 2015 im niedersächsischen Stuhr-Mackenstedt bei Bremen. Anfangs fand der Prozess aus Sicherheitsgründen in Celle im Staatsschutzsaal des dortigen Oberlandesgerichts statt. Seit Ende Mai wird der Prozess im Ortsteil Eitze der niedersächsischen Stadt Verden fortgeführt, nachdem eine ehemalige Reithalle in der niedersächsischen Stadt Verden für 3,6 Millionen Euro zu einer hochgesicherten Festung ausgebaut wurde-

    Bei dem Anklagepunkt, dem Überfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen im Landkreis Wolfenbüttel im Juni 2016 wollen Zeug*innen zwei Männer und eine Frau beobachtet haben. Die bisherigen Aussagen der Zeug*innen haben gezeigt, welche Suggestivwirkung eine öffentliche Fahndung haben kann. Auch in dieser Region hingen damals überall die Fahndungsplakate von Daniela Klette und den noch gesuchten Volker Staub und Burkhard Garweg aus. Es besteht die sehr große Gefahr, dass die Tatzeugen daher die drei Personen, die in Cremlingen gesehen worden sind, die Gesuchten sein müssten bzw. könnten. Auch das ist nicht bewiesen, dass Daniela Klette in Cremlingen war. Der Vorsitzende Richter Engelke versucht zwar öfters durch gezielte Suggestivfragen die Zeug*innen so zu beeinflussen, dass die wahrgenommene Frau in Cremlingen Klette sein müsste.

    „Im konkreten Fall haben sich die Zeugen mit der Polizei zusammengesetzt und sind dann schnell zur Auffassung gelangt, dass es sich bei den Tätern unter anderem um meine Mandantin gehandelt haben muss. Eine Frau, die als Zeugin in der Hauptverhandlung geladen war, berichtete, wie die Polizei ihr fast schon einredete, dass sie doch die gesuchten „Terrorristen“ gesehen haben müsse. Diese Umstände wird das Gericht nun präzise aufklären müssen“, so der Anwalt Lucas Theune. Folgerichtig haben am 21. Prozesstag die Anwälte einen Antrag gestellt. Sie fordern unter anderem die Analyse eines psychologischen Gutachters, der zu Falschaussagen forscht. Der Experte könne zeigen, dass zahlreiche Zeugenaussagen im Prozess gegen Daniela Klette nicht belastbar seien, hieß es. Zeugen seien unter anderem von Gesprächen mit anderen Zeugen, von sozialen Medien sowie von Berichten in Zeitungen, Fernsehen und im Internet beeinflusst. Aus Sicht der Verteidigung sind die Aussagen  nicht verlässlich. „Die Zeug*innen seien etwa durch Fahndungsfotos, die überall aushingen, beeinflusst gewesen“, so der Verteidiger Ulrich Klinggraeff. Sie hätten Beschreibungen etwa zum Aussehen als Erinnerungen angegeben, die in Wirklichkeit keine eigenen Erinnerungen seien. Der Verteidiger las viele Zitate von Zeugen vor, um zu zeigen, dass sich diese vor ihren Aussagen bei der Polizei mit anderen Tatzeugen ausgetauscht hatten und Berichte über das gesuchte RAF-Trio als mutmaßliche Täter des Überfalls in Cremlingen und vorherige Überfälle kannten.

    An diesen beiden Verhandlungstagen wurde ein weiterer Anklagepunkt der Überfall im Juli 1999 auf einen Geldtransporter  in Duisburg verhandelt. Auch hier konnten die bisher zwei befragten Zeugen keine konkreten Aussagen mehr machen, kein Wunder nach über 25 Jahren. Beide und der Fahrer sowie der inzwischen verstorbene Beifahrer des Geldtransporters in seiner damaligen zwei Vernehmungen hatten keine Frau erkannt, sondern nur Männer wahrgenommen. Duisburg ist insofern für die Sicherheitsbehörden interessant, weil diese Aktion der erste nach der Auflösung der RAF in 1998 von vermutlichen ehemaligen Mitgliedern dieser Gruppe initiiert gewesen sein soll.

    Genauso wie bei den Zeugenbefragungen zu dem ersten Anklagepunkt des versuchten Überfalls eines Geldtransporters in Stuhr-Mackenstedt im Juni 2015 wurde es sehr deutlich, dass keine Zeugin, kein Zeuge Daniela Klette erkannt hatten. Die Präsenz von ihr an den 3 Orten der Geldbeschaffungsaktionen, die bisher im Prozess verhandelt wurden, ist nicht nachgewiesen.

    Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen, die Kammer hat einen rechtlichen Hinweis gegeben. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg der drei Verteidiger von Daniela Klette, Lukas Theune, Ulrich Klinggraeff und Undine Weyers. Sie wollen aber erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Die Anwälte versuchen durch einen Antrag zu erreichen, dass ein Waffenexperte durch ein Gutachten diesen unterstellten Tötungsvorsatz widerlegt.

    Ariane Müller, freie Journalistin                                                                                                    6. August 2025

    Anmerkung:

    Dieser Artikel ist für die junge Welt geschrieben worden, aus unbekannten Gründen ist dieser nicht abgedruckt worden. Für die Internetseite ist der Artikel etwas überarbeitet worden.                                                                                                                                    

  • Info Nr. 38

          Solidarität mit Daniela

    Info Nr. 38 / 30.7.2025

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    Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“

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    Hallo,

    am 5.August um 10 Uhr und am 6.August um 9 Uhr wird der Prozess gegen Daniela nach der Sommerpause in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstraße 48 fortgesetzt. Weitere Prozesstage sind am 12. (10 Uhr), 13. (9 Uhr), 19. (10 Uhr) und 20. (9 Uhr) August, ehe es eine weitere zweiwöchige Sommerpause gibt. 

    Zum Prozesstag am 13. August kommt ein Bus aus Frankfurt. An diesem Tag gibt es auch wieder ab 8 Uhr eine Kundgebung, 200 Meter vom Eingang entfernt an der Bushaltestelle.

    Wir haben jetzt eine eigene Internetseite, die aber noch nicht vollständig eingerichtet ist.

    1. Veranstaltung am 31. Juli in Frankfurt
    2. Veranstaltung am 14. August in Berlin
    3. Kundgebung am 23. August in Vechta
    4. Artikel junge Welt
    5. Interview mit Lukas Theune

    Gruppe: Solidarität mit Daniela Kontakt: solidarisch-mit-daniela@tonline.de                                                                 Webseite: www.solidarisch-mit-daniela.de        

    1)

    Info- und Mobilveranstaltung

    Bus der Solidarität von Frankfurt zum Prozess von Daniela Klette am 13. August

    Wir laden euch am 31.07.2025 um 19 Uhr ins neue IZ in der Lahnstr. 1 ein. Es wird einen kleinen Bericht zum Prozess und Daniela`s Haftsituation geben und Informationen zur gemeinsamen Busreise zum Prozess. Außerdem habt ihr nochmal die Möglichkeit Tickets zu kaufen.

    Solidarität ist unsere Waffe!

    2)

                       Solidarität mit Daniela!   

               Zu Aussageverweigerungen bei      

                 Vorladungen und die Folgen

    Zwei Frauen aus der Solidaritätsbewegung zu Daniela Klette, Ariane aus Bremen und Susanne aus Hamburg, haben jetzt erneut eine Vorladung durch das BKA, angeordnet durch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erhalten.

    Nachdem beide Frauen seit September bzw. im Oktober 2024 ein Besuchsverbot bei Daniela Klette erhalten hatten, flatterten prompt die Zeugenvorladungen ins Haus. Die Besuchsverbote begründete die Behörde damit, dass die beiden Frauen u.a. die  Vermittlerinnen zwischen Daniela und den beiden noch gesuchten – laut Bundesanwaltschaft mutmaßlichen Ex-Mitglieder der 1998 aufgelösten RAF Burkhard Garweg und Volker Staub sein sollen, damit Daniela ihre Flucht aus dem Knast planen könnte. Ariane hatte im Oktober 2024 in Berlin die Vorladung, Susanne im November 2024 in Hamburg. Beide verweigerten ihre Aussagen. Nach einem endgültigem Beschluss einer Ermittlungsrichterin mussten beide Anfang 2025 eine Ordnungsstrafe von jeweils 500 Euro bezahlen.

    Nach der Verhaftung von Daniela Ende Februar 2024 in Berlin hatte die damalige Krankenschwester und Betriebsrätin Ariane die erste Kundgebung im März 2024 vor dem Frauenknast in Vechta angemeldet. Sie verlor daraufhin ihre Arbeit  und hat seitdem ein Berufsverbot.                            Ariane hat jetzt am 15. August 2025 um 10 Uhr ihre nächste Vorladung auf dem Polizeirevier in der Friesenstr. 16 in Berlin-Kreuzberg. Wann die Vorladung von Susanne sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Beide Frauen werden auch diesmal die Aussage verweigern. Dann droht ihnen ein höheres Ordnungsgeld oder sogar Beugehaft bis zu 6 Monaten. Wichtig ist, dass mit Vorladungen und Aussageverweigerungen und deren Folgen transparent und politisch offensiv umgegangen wird. Öffentlichkeit ist der beste Schutz für die Betroffenen.  

                                                                                                                                                                  Info- und Diskussionsveranstaltung u.a. mit             Ariane am 14.August 2025 um 19 Uhr im                         Cafe Karanfil, Weisestr. 3, Berlin Neukölln                             —————————————————————————————————————–Kundgebung am 15. August 2025 um 10 Uhr vor dem Polizeirevier, Friesenstr. 16, Berlin-Kreuzberg            —————————————————————————————————————–

                           Freiheit für Daniela!

    Kontakt: Solidarität mit Daniela, solidarisch-mit-daniela@t-online.de, www.solidarisch-mit-daniela.de

    3)

         Solidarität mit Daniela            

       Kundgebung/Demo

                  am 23.August 2025 um 14 Uhr

           In Vechta, Bürgermeister-Möller-Platz

    Die Gruppe Solidarität mit Daniela ruft zu einer weiteren Solidaritätskundgebung vor dem Frauenknast in Vechta auf. Nach der Kundgebung werden wir eine Demo um den Knast herum machen.

    Seit dem 25. März 2025 läuft der Prozess gegen Daniela u.a. wegen 13 Geldbeschaffungs- aktionen vor dem Landgericht Verden. Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg ihrer drei Anwälte. Sie wollen aber durch einen Antrag auf ein Gutachten eines Waffenexperten  erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Auch wurde Daniela durch die Zeug*innenbefragungen an keinem der bis jetzt verhandelten „Tatorte“  erkannt.

    Seit Mitte Juni muss Daniela die 12 kg schwere Bleiweste nicht mehr auf den Transporten vom Knast zum Gerichtsort und zurück tragen. Die Richterkammer kippte die Anordnung der Anstaltsleitung. Die Bleiweste verursachte bei Daniela Nacken- und Kopfschmerzen sowie Verspannungen. Was aber bleibt, ist das Fixieren der Hände und Füße, Dies ist eine Verordnung der Behörde in Karlsruhe.

    Am 7. Prozesstag machte Daniela kurz vor dem Prozessbeginn auf den Genozid in Gaza aufmerksam. Sie solidarisierte sich mit dem Volk Palästina, indem sie die Kufija, das Palästinatuch, um die Schulter warf und einen handgeschriebenen Zettel mit den Worten „Stop Vertreibung Bombardierung Aushungern“ zu den Presseleuten und den Zuschauer*innen hochhielt.

    Weiterhin haben 5 Menschen ein Besuchsverbot bei Daniela. Zwei von ihnen – Aktivistinnen aus der Solidaritätsbewegung – Ariane  und Susanne  haben jetzt im August erneute Vorladungen, angeordnet durch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, durch das BKA. Wir lassen uns durch die Repressionen nicht von unserer weiteren Solidaritätsarbeit abhalten..

    Kontakt: Solidarität mit Daniela, solidarisch-mit-daniela@t-online.de, www.solidarisch-mit-daniela.de

    4)

    junge Welt

    Aus: Ausgabe vom 10.07.2025, Seite 4 / Inland

    Prozess gegen Daniela Klette

    Mordversuch vom Tisch

    Prozess gegen Klette: Gericht erkennt nur bedingten Tötungsvorsatz, lehnt Gutachten ab

    Von Ariane Müller

    Es war der 20. Verhandlungstag des Prozesses gegen das mutmaßlich ehemalige Mitglied der 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) Daniel Klette. Angeklagt ist sie unter anderem wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen vor dem Landgericht Verden. Am Mittwoch endete der Sitzungsmarathon vor der Sommerpause mit dem Zwischenergebnis, dass der schwerste Vorwurf gegen Klette vom Tisch ist.

    Die Verhandlungen über den ersten Tatvorwurf, ein Überfall samt Schüssen auf einen Geldtransporter in Stuhr bei Bremen, bei dem niemand verletzt wurde, sind abgeschlossen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Klette einen Mordversuch unterstellt. Diesbezüglich gab die zuständige Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Lars Engelke einen rechtlichen Hinweis ab: Der Vorwurf des Mordversuchs sei nicht haltbar. Die drei Tatverdächtigen seien von der ihnen zur Last gelegten Tötungsabsicht zurückgetreten, hätten den geplanten Überfall von sich aus abgebrochen. Ohnehin konnten bislang weder die Zeugenaussagen noch die Aufnahmen der Überwachungskameras beweisen, dass Daniela Klette, geschweige denn überhaupt eine Frau an dieser Tat beteiligt war.

    Das Gericht geht allerdings weiterhin von einem bedingten Tötungsvorsatz aus, dass der Schütze den Tod der Geldtransporteure in Kauf genommen habe. »Leider hat die Kammer den Antrag der Anwälte Klettes auf ein externes Gutachten eines Waffenexperten, mit dem bewiesen werden könnte, dass diese drei Leute niemals jemanden töten wollten, abgelehnt«, kommentierte ein Prozessbeobachter gegenüber jW. Das Gericht war allerdings der Auffassung, dass der Schütze in einer derart dynamischen Situation nicht in der Lage gewesen wäre, Flugbahn und mögliche Folgen vor dem Feuern genau zu berechnen. Es sei »nur dem reinen Zufall zu verdanken«, dass durch die Schüsse niemand verletzt wurde.

    Aus den entsprechenden Anträgen geht hervor, dass der zweite Schuss in Richtung Armaturenbrett und nicht auf den Fahrer des Geldtransporters abgegeben wurde. Dies sei anhand des Einschusswinkels, der mindestens 35 Grad von besagtem Fahrer wegweise, belegbar. Lediglich einzelne Projektilteile hätten die geschützte Verglasung sowie die Stahlblechlatte in der Beifahrertür penetriert und seien in ihrer Flugbahn dann überwiegend in Richtung Fahrzeugboden abgelenkt worden. Nur ein Splitter eines Geschossmantels aus Bimetall mit einem Gewicht von 0,51 Gramm habe unvorhersehbar in Richtung der Rückenlehne des Fahrersitzes ausgeschlagen und sei in diesen mit einer geringen Restenergie von aufgerundet nicht mehr als 30 Joule eingedrungen. Das Gutachten der Bundeswehr vom 14. März 2016 war demgegenüber von falschen Voraussetzungen ausgegangen.

    Nun geht das Gericht in eine dreiwöchige Sommerpause. Der Prozess wird am 5. August in Verden-Eitze fortgesetzt. Begonnen hatte er am 25. März im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle. Damals entsprachen die Räumlichkeiten im Landgericht Verden nicht den Sicherheitsansprüchen der Behörden. Inzwischen wurde eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze für sage und schreibe 3,6 Millionen Euro zu einer Festung ausgebaut. Seit Ende Mai findet der Prozess dort statt. Damals kommentierte Ulrich Klinggräff, einer der drei Strafverteidiger von Daniela Klette, gegenüber jW: »Das alles ist Ausdruck eines völlig irrsinnigen und gänzlich unbegründeten Sicherheitswahns.« Zwar würden Gericht und Staatsanwaltschaft stets betonen, es handele sich um ein ganz normales Strafverfahren. Der Öffentlichkeit werde aber das Bild eines »Terrorverfahrens« vermittelt.

    5)

    Anmerkung: Für uns sind vermeintliche Ex-Mitglieder und ehemalige Gefangene aus der RAF keine Terroristen. Das Interview erschien im LTO (Legal Tribune Online)

    Verteidiger der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin im Interview „Klettes Präsenz an keinem der Tatorte bewiesen“

    Interview von Hasso Suliak vom 18.07.2025

    Seite März steht die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette vor Gericht. Jetzt hat das LG Verden angedeutet, dass die 66-Jährige nicht wegen versuchten Mordes verurteilt wird. Ihr Anwalt Lukas Theune spricht von einem „Teilerfolg“.

    LTO: Herr Theune, Sie vertreten mit zwei weiteren Kolleg:innnen die mutmaßlich ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette. Ihr und ihren angeblichen Mitstreitern, den gesuchten Ernst-Volker Staub und Burkard Garweg, wird vorgeworfen , 13 Raubüberfälle, aber auch einen versuchten Mord an zwei Geldboten 2015 im niedersächsischen Stuhr begangen zu haben. Bei den Taten sollen sie insgesamt 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Landgericht Verden jetzt fallengelassen.

    Dr. Lukas Theune: Ja, das ist richtig. Die Schwurgerichtskammer hat einen rechtlichen Hinweis gegeben, dass die Person, die seinerzeit Schüsse auf einen Geldtransporter abgegeben hat und die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass es sich bei einer Mittäterin um Frau Klette handelt, freiwillig und damit strafbefreiend von einem Mordversuch zurückgetreten ist. Damit hat sich der schwerste Anklagevorwurf erledigt. Wir verbuchen das auch als einen Erfolg der Verteidigung. Allerdings wird es jetzt darum gehen, auch den unterstellten Tötungsvorsatz zu widerlegen.

    Auch wenn dieser im Ergebnis wegen des strafbefreienden Rücktritts keine Rolle spielt?

    Es bleibt im Hinblick auf andere Tatvorwürfe zumindest im Rahmen der Strafzumessung relevant, ob man Frau Klette einen Tötungs- beziehungsweise Mordversuch attestieren kann. In Betracht kommt ja aus Sicht des Gerichts etwa ein versuchter schwerer Raub, bei dem „andere Personen“, hier die Geldboten, nach § 250 Abs. 2 Nr. 3b Strafgesetzbuch (StGB) „in die Gefahr des Todes “ gebracht wurden. Das Gericht wird weiter aufklären müssen, wie gefährlich es für die Fahrer des Geldtransporters wirklich gewesen ist.

    Sie sagten, die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass Frau Klette dabei war, als die Schüsse auf den Geldtransporter abgegeben wurden. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung im Einzelnen: Bewiesen ist das Ihrer Meinung nicht?

    Nein, die Präsenz von Frau Klette ist an keinem der Tatorte nachgewiesen. Kein Zeuge hat sie identifiziert, es gibt allenfalls alte und komplexe DNA-Mischspuren in Fahrzeugen, die allerdings nicht zwingend an den betreffenden Tagen des Überfalls in das Fahrzeug gelangt sein müssen.

    „Suggestivwirkung öffentlicher Fahndung“

    Frau Klette wird unter anderem vorgeworfen, 2016 bei einem Überfall in Cremlingen auf einen Geldtransporter zusammen mit Garweg und Staub rund 1.300.000 Euro erbeutet zu haben. Zeugen haben zwei Männer und eine Frau beobachtet.

    Auch das ist nicht erwiesen. Die Aussagen zeigen vielmehr, welche Suggestivwirkung eine öffentliche Fahndung haben kann. Auf etlichen Plakaten in der Region hingen zum Zeitpunkt der Tat Plakate von Staub, Garweg und Klette. Vor diesem Hintergrund kann man dann schnell mal zur Überzeugung gelangen, dass die Personen, die man gesehen hat, die ohnehin Gesuchten sind. Zutreffen muss dieser Eindruck allerdings nicht.

    Im konkreten Fall haben sich die Zeugen mit der Polizei zusammengesetzt und sind dann schnell zur Auffassung gelangt, dass es sich bei den Tätern unter anderem um meine Mandantin gehandelt haben muss. Eine Frau, die als Zeugin in der Hauptverhandlung geladen war, berichtete, wie die Polizei ihr fast schon einredete, dass sie doch die gesuchten „Terrorristen“ gesehen haben müsse. Diese Umstände wird das Gericht nun präzise aufklären müssen.

    Aussagen zu einer möglichen Tatbeteiligung an den angeklagten Fällen sind von Frau Klette weiter nicht zu erwarten? Immerhin wurden ja auch Waffen in ihrer Berliner Wohnung gefunden, die eindeutig den Überfällen zugeordnet werden konnten.

    Nein, Frau Klette schweigt zu den Vorwürfen der Anklage. Sie hat nur am Anfang des Prozesses eine politische Erklärung abgegeben.

    „Das ist kein normaler Strafprozess“

    Apropos „politisch“: Die Verteidigung, aber auch ihre Mandantin haben von Anfang an  den Prozess als einen politischen Prozess bezeichnet. Sehen sie das immer noch so oder ist es inzwischen ein ganz „normaler“ Strafprozess?

    Nein, das ist kein normaler Strafprozess, bei dem es darum geht, ein paar Raubstraften aufzuklären und gegebenenfalls zu ahnden. Vielmehr wird ein riesiger Aufwand betrieben, der in keinem Verhältnis zu den angeklagten Straftaten steht.

    Geld spielt da überhaupt keine Rolle: So wurde für dreieinhalb Millionen Euro ein völlig überdimensionierter neuer Gerichtssaal geschaffen. Und Aktenberge, wie in diesem Verfahren, habe ich bisher noch nie gesehen. Daraus geht hervor, dass Hunderte Polizisten mit den Ermittlungen befasst waren und eine regelrechte „Schlacht“ der Sachverständigen stattgefunden hat.

    Und in Berlin wurde die Wohnung meiner Mandantin minutiös auseinandergebaut, sogar Fußleisten wurden abgetragen, um dann alles so authentisch wie möglich in Hannover im LKA wieder aufzubauen. Kurzum: Ein absurdes und teures Spektakel, das sich nur mit dem vermuteten politischen Hintergrund unserer Mandantin erklären lässt. Insofern ist es ein politischer Prozess.

    Stoßen Staub und Garweg eines Tages dazu?

    Der überdimensionierte Gerichtssaal in einer ehemaligen Reithalle wird ja damit erklärt, dass vielleicht ja eines Tages die gesuchten Komplizen Staub und Garweg „dazustoßen“ könnten.

    Ja, so argumentiert die Staatsanwaltschaft tatsächlich. Aber auch das ist doch hanebüchen und lässt daran zweifeln, ob man die Vorgaben der Strafprozessordnung überhaupt hinreichend kennt. Sollen die sich dann einfach dazusetzen? In ein laufendes Verfahren? Oder wird die Beweisaufnahme dann komplett wiederholt? Das ist alles sehr unausgegoren.

    Gibt es denn Anhaltspunkte dafür, dass Staub und Garweg bald gefasst werden?

    Als Verteidigung bekommen wir keine Auskunft zu der Zielfahndung. Aber die Staatsanwaltschaft gibt sich da optimistisch.

    Frau Klette sitzt in der Justizvollzugsanstalt Vechta in Haft. Die Verteidigung, aber auch sie selbst hat von Anfang an die erschwerten Haftbedingungen gerügt. Sie werde fast den ganzen Tag videoüberwacht, genehmigte Bücher und Zeitungen würden nicht zugestellt. Nicht mal einen Kugelschreiber gebe man ihr. Wird ihre Mandantin weiterhin anders als andere Gefangenen behandelt?

    Ja, wir streiten uns mit der Justizvollzugsanstalt tatsächlich über jede Kleinigkeit. Andere dürfen täglich in den Sportraum, sie nicht. Sogar das Kohle-Durchschlagspapier für ihre Schreibmaschine hat man ihr verwehrt. Und wie ja auch berichtet wurde, dürfen bestimmte Personen sie nicht besuchen.

    Eine Frau etwa darf nicht mehr kommen, weil beim letzten Besuch meine Mandantin von ihr aus Neugier gefragt wurde, was sie denn sehe, wenn sie aus dem vergitterten Zellenfenster schaut. „Bäume, Himmel, und so weiter“ lautete die Antwort, die der Bundesanwaltschaft schon reichte, um zu unterstellen, dass ein Fluchtversuch in Planung sei.

    „Bezweifle weitere Anklage der Bundesanwaltschaft“

    Neben der Anklage vor dem Landgericht Verden wartet auf ihre Mandantin möglicherweise noch ein weiteres Verfahren, in dem es um politisch motivierte Anschläge geht, bei denen Klette dabei gewesen sein soll. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen vor, begangen von der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993. Wann rechnen Sie hier mit einer Anklageschrift?

    Ich habe meine Zweifel, ob es diese jemals geben wird. Nach meinem Eindruck ist die Beweislage da ebenfalls äußerst dünn. Aber warten wir mal ab, was die Bundesanwaltschaft daraus macht.

    Herzlichen Dank für das Gespräch.

    Dr. Lukas Theune ist Fachanwalt für Strafrecht in Berlin. Zugleich ist er Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins. Im Team mit Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff und Rechtsanwältin Undine Weyers vertritt er im Strafverfahren vor dem LG Verden die am 26. Februar 2024 festgenommene Daniela Klette.

  • Info Nr. 37 / 4.7.2025


    Hallo,

    anbei ein neues Statement von Burkhard zur Demo in Berlin-Kreuzberg am 6. Juli 2025 um 14 Uhr, Oranienplatz.

    Ein Hinweis auf den Beitrag und zum Aufruf zur Demonstration am 6.7. in Berlin vom Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen unter www.political-prisoners.net

    Am Dienstag, d. 8. Juli um 10 Uhr und am Mittwoch, d. 9. Juli um 9 Uhr sind die beiden letzten Prozesstage vor der Sommerpause, Weitzmühlenerstraße 48/50 in Verden-Eitze. Im August wird der Prozess fortgesetzt.

    Für die Demonstration „Burn all prisons“ in Berlin am 6.7. 25

    Seit mehr als einem Jahr ist Daniela im Gefängnis von Vechta eingesperrt. Mit öffentlicher Hetze gegen uns, die wir seit 30 Jahren als RAF verfolgt werden, propagieren Staatsanwaltschaft und Polizei unsere Gefährlichkeit und unterstellen uns Selbstbereicherung, die über Leichen gehe oder sie zumindest billigend in Kauf nehme.

    Eins sei hier gesagt: für uns war es zu jeder Zeit undenkbar, ausgeschlossen und fern, für Geld zu töten oder jemanden deswegen physisch zu verletzen. Dafür stehen alle Jahrzehnte unserer Illegalität.

    Was uns vorgeworfen wird, wäre der Notwendigkeit geschuldet, dass man im Kapitalismus Geld benötigt, um zu überleben. Und sei es für das Brot in der Illegalität. Das uns Unterstellte wäre dann wohl eine Art Mundraub.

    Es ist eine politische Entscheidung mit exorbitantem Verfolgungseifer, Härte und im Feindverhältnis gegen uns vorzugehen.

    Bestraft wird, wer nicht kooperiert und sich nicht unterwirft. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei unternehmen vieles, um Daniela fertig zu machen: Besuchsverbote und Besuchsüberwachung, Vorladungen von Besucher*innen, Zensur, Ausschluss von politischen Diskussionen, Bleiweste usw.

    Das Signal in die Gesellschaft ist: Widerstand führt zu nichts als staatlicher Gewalt, und wer sich nicht unterwirft oder wenigstens kooperiert, wird kein Licht mehr sehen, wenigstens keines in Freiheit.

    Uns Illegalen bedrohten die Staatsanwaltschaft und die Polizei mehrfach mit einem 2. Bad Kleinen für den Fall, dass wir uns ihnen nicht freiwillig ausliefern. Früher nannte man das Kill-fahndung.

    In der Geschichte der 70 und 90er Jahre kostete diese Art Staatsterrorismus zahlreichen Menschen das Leben.

    Vor 32 Jahren am 27.6.93 wurde Wolfgang Grams bereits kampfunfähig auf den Gleisen von Bad Kleinen liegend unter den Augen von zahlreichen Zeug*innen durch den aufgesetzten Kopfschuss eines Polizisten getötet.

    Heute geht es um die Aburteilung einer Geschichte, die aus den weltweiten Bewegungen kam, die in den Metropolen den Kampf gegen Ausbeutung und Kolonialismus im Verhältnis zu Asien, Afrika und Lateinamerika, den US Krieg gegen die Bevölkerung Vietnams, Rassismus und Patriarchat in die Gesellschaft brachten.

    Im postfaschistischen Deutschland begann damit auch die Thematisierung und der Konflikt mit einer Elite, die im NS Faschismus Karriere gemacht hatte und diese nach 1945 nahtlos in der BRD fortführte. Auch konnten die Kapitalist*innen, die von Zwangsarbeit und Krieg profitiert hatten, ihren Besitz an industrieller Produktion, nahtlos in den BRD Staat überführen.

    Nazitäter*innen, die zum Teil persönlich Millionen Ermordete zu verantworten hatten, wurden vom BRD Staat so gut wie nie zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil sie kamen aus dem NS Faschismus und bauten den BRD Staat auf. Reibungslos.

    Dass Linke hingegen mit unnachgiebiger Härte verfolgt werden, gehört gewissermaßen zur DNA dieses Staates, zu seinen in ihm liegenden Reflexen und entspricht seiner postfaschistische Tradition.

    Die Nazi Täter*innen verfolgte man genauso wenig, wie Polizist*innen für ihre auch tödliche Polizeigewalt: Maria, Halim Dener, Jürgen Rose, Oury Jalloh, Mouhamed Dramé, Lorenz und viele, viele mehr: erschlagen, von Schüssen durchsiebt, Schüsse in den Rücken oder gefesselt verbrannt.

    Die Nazis vom NSU ließ man gewähren, und das obwohl der NSU umgeben von deutschen Geheimdiensten war. Mindestens Teile deutscher Geheimdienste unterstützten den NSU. Ja, der Verfassungsschutz war zuweilen sogar zum Zeitpunkt der Tat am Ort des Geschehens. Bundeswehr Oberst Klein wurde für den von ihm angeordneten Massenmord von 141 Zivilist*innen während des Afghanistan Krieges zum General befördert.

    Ganz anders jedoch werden Menschen aus den Kämpfen für Emanzipation unnachgiebig und mit Härte verfolgt und manchmal für lange Jahre weggesperrt: Antifas werden inhaftiert und verfolgt. Die Gefährt*innen N. und M., die in bayrischen Knästen gefangen sind und mit 129a bedroht und das wegen einer linken Zeitungsproduktion, d.h. wegen ihrer Gesinnung. Die vielen Genoss*innen der kurdischen und türkischen Bewegungen, die seit Jahrzehnten verfolgt und in Komplizenschaft aller deutschen Regierungen mit jener der Türkei lange Jahre in deutschen Gefängnissen eingesperrt werden. Klimaaktivist*innen oder Tausende der Palästina-Solidarität sind von vielfältiger Repression, von Knast bis zur Abschiebung, von Veranstaltungs- bis zu Einreiseverboten betroffen.

    Daniela, der keine physische Verletzung auch nur eines Menschen vorgeworfen wird, dafür aber sich an Aktionen gegen Kapitalismus, Krieg und Knäste beteiligt zu haben, wird ewige Inhaftierung angedroht.

    Die staatliche Propaganda erklärt uns zu „Terroristen“. Das hat nichts mit der Realität zu tun. Der Begriff ist ein Herrschaftsmittel.

    Terror erzeugt und auf Gewalt basiert das kapitalistische System.

    Gewalt und Terror der kapitalistischen Normalität ist Hunger, ist Ausbeutung, ist Kolonialismus, ist patriarchale Gewalt, ist Repression, ist ihr Knastsystem, ist Klassenjustiz, ist die Zerstörung des Klimas, ist Flucht und Vertreibung, ist Nationalismus und Krieg.

    Heute ist der Kapitalismus in einer grundlegenden Krise. In der sich heute aufbauenden Erosion der westlichen Metropolen kämpfen die alten kolonialen Mächte um die Rekonstruktion ihrer schwindenden Hegemonie, ihrer ökonomischen und militärischen Vorherrschaft über den Rest der Welt.

    Die heutige Formierung des autoritären Staates ist durch das Zusammenwirken der bürgerlichen und liberalen Demokrat*innen und der extremen Rechten gekennzeichnet und setzt Faschisierung einzelner Herrschaftsmittel innerhalb der bürgerlichen Demokratie durch. Die Faschisierung ist ein immanenter Bestandteil der bürgerlichen Demokratie, und kann in seinem heutigen Ausmaß als Krisenrektion im Spätkapitalismus gelesen werden.

    Politik und Medien hetzen und mobilisieren gegen die Armen, die Bürgergeldempfänger*innen, die angeblich Faulen, die, die für den Kapitalismus nicht verwertbar sind und gegen die, die vor Krieg, Hunger und der klimatischen Verwüstung zu Millionen in die Metropolen fliehen.

    Sie hetzten aus liberaler wie rechtsextremer Perspektive mit unterschiedlichen Gewichtungen gegen Migrant*innen, die hier nicht gebraucht werden oder sich wie in der Palästina Soli-Bewegung nicht opportunistisch der Deutungshoheit der Herrschenden unterwerfen.

    Sie mobilisieren für die „kriegstüchtige“ Gesellschaft, die im Nationalismus geeint, Klassenwidersprüche zurückzustellt, um metropolitane Wohlstandsinseln für Wenige zu sichern, die Menschen zu Kanonenfutter macht, die Krieg zu führen bereit ist.

    Es sind Millionen, die von Staat und Elite, von Liberalen und Rechten, von Grünen bis zur AfD im Einklang mit dem Medien-Mainstream mit jeweils unterschiedlichen Worten und im unterschiedlichen Gewand zum inneren Feind erklärt werden.

    Sie alle erfahren am eigenen Leib, was Faschisierung heute bedeutet.

    Polizeigewalt und staatliche Machtdemonstration sind der Normalzustand.

    Heute reicht es, eine falsche Meinung zu haben, um Repression und Hetze zu erfahren.

    Begriffe werden gekapert, umgedeutet und missbraucht, um ihre gewaltförmige Politik unter dem Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie verkaufen zu können. So wird der Krieg für Rohstoffe, Warenverkehr und für den Erhalt westlicher Vormacht als feministische Aussenpolitik deklariert – ganz in der Tradition des missbrauchten „nie wieder Ausschwitz“ als Kriegserklärung der deutschen Regierung.

    Wer sich wehrt, ist beispielsweise ein Klimaterrorist. Rechtsoffen ist, wer die Coronamassnahmen als Beginn des autoritären Staates thematisierte.

    Wer den Krieg nicht will, ist Putinversteher oder Vaterlandsverräter.

    Wer sich gegen den Genozid an Palästinenser*innen und deutschen Waffenlieferungen an eine faschistische, israelische Regierung stellt, wird per se zum Antisemiten propagiert.

    Selbst jüdische Schwestern und Brüder, die auf der ganzen Welt gegen Zionismus, Apartheid und Genozid protestieren, werden als Antisemiten gebrandmarkt. Welch Hohn! Der deutsche Herrenmensch im Kostüm des liberalen Demokraten separiert heute in gute und schlechte Jüd*innen. Welch Antisemitismus!

    Die Gegenwart von Staat und Gesellschaft und die Weltverhältnisse eines fortlebenden Kolonialismus und eines brandgefährlichen Imperialismus sind düster und die Zukunft bedrohlich.

    Europa wird Kriege führen.

    Das hochrüstende Europa und allen voran das darin hegemoniale Deutschland bereiten ihre Kriege für die kommenden Rohstoff-Raube vor. Die imperialistischen Verbrechen dieser taumelnden Wohlstandsinsel sind abzusehen, sind angekündigt und werden Millionen Menschen töten, Millionen Menschen zur Flucht zwingen und werden global vor allem weitere Armut und Zerstörung erzeugen.

    Die bürgerliche Demokratie zu retten ist angesichts der Krise und der anrollenden und kommenden Weltverhältnisse ein Irrweg, der in sich aufbauendem Autoritarismus, Nationalismus und Krieg verbleiben wird und darüber hinaus keinen Ausweg aus Patriarchat, Ausbeutung und Klima-Gau aufzeigen könnte. Die Überwindung des globalen Elends von Kapitalismus und Patriarchat, von Kolonialismus und Imperialismus, von Nationalismus und Krieg ist nur mit der Transformation des Kapitalismus möglich.

    Die Entwicklung des Kapitalismus ist bedrohlich und die Gegenkräfte von Emanzipation und Befreiung heute schwach. Die Gründe für Optimismus sind überschaubar. Doch angesichts einer Welt im Epochenbruch, in der der Lauf des Kapitalismus in den westlichen Metropolen mit der Faschisierung der Verhältnisse den Weg in den Faschismus längst beschritten hat und für die Welt ein neues Zeitalter des Krieges begonnen hat, bleibt Befreiung die einzige Option der Menschheit und die Alternative zur globalen (Weiter-)Fahrt in Abgrund und Apokalypse.

    Die Ausgebeuteten und Beherrschten dieser Welt, die vor Bomben und Klima-overkill Fliehenden, die Hungernden, die, die patriarchale Gewaltverhältnisse nicht mehr hinzunehmen bereit sind, das Heer der in den Metropolen zum Feind Erklärten: der Armen, der „Nutzlosen“, der Migrant*innen, der Geflohenen und der Widerständigen: die, die vom Kapitalismus nichts zu erwarten haben und sich erheben werden – wenn die in der fortlaufenden Brutalisierung der Weltverhältnisse zusammen kämen, es wären unzählige, und es könnte ein Prozess des Endes der Herrschaft des Menschen über den Menschen werden.

    Es könnte in der heutigen Zeit die Formierung einer intersektionalen, internationalistischen, sozialrevolutionären und antiimperialistischen Linken sein, die ein Licht in bedrohliche und turbulente Zeiten bringt. Vorausgesetzt sie verlässt ein reines auf-sich- selbst-bezogen-sein und überwindet Spaltungen an Identitäten und unterschiedlichen politischen Vorstellungen und ersetzt Spaltungen durch ein Bewusstsein, das vielfältige und unterschiedliche Perspektiven sieht, kennt und möchte.

    Die heutigen Brennpunkte stehen in einem Zusammenhang und sind Teil derselben Entwicklung im kapitalistischen System. Sie könnten daher auch große, gemeinsame Widerstandsräume werden, vorausgesetzt eine solche Linke verlässt ihre innergesellschaftlichen Nischen.

    Gemeinsam gegen den Genozid an den Palästinenser*innen, gegen Apartheid wo auch immer in der Welt! Gegen die Mittäterschaft Deutschlands an Genozid und Besatzung durch Waffenlieferungen und Komplizenschaft mit der faschistischen, israelischen Regierung!

    Jin, Jiyan, Azadi! Gemeinsam gegen patriarchale Gewaltverhältnisse!

    Gemeinsam gegen Rassismus und die Hetze und Repression gegen Migrant*innen und Geflüchtete!

    Gemeinsam gegen Imperialismus, Kolonialismus, Militarisierung, Nationalismus und die Kriegsertüchtigung Deutschlands und der NATO Staaten!

    Gemeinsam gegen die Verarmung der Mehrheit im Kapitalismus und die Hetze gegen das Heer derer, die für die kapitalistische Verwertung im kapitalistischen Sinne die „Nutzlosen“ sind!

    Gemeinsam gegen jede Repression:

    Daniela, N+M, die gefangenen und verfolgten Antifas – Maya im Hungerstreik, die Gefangenen der türkischen und kurdischen Bewegungen, die Niedergeknüppelten und von Abschiebung Bedrohten der Palästinasolidarität und viele mehr: sie alle brauchen eine Bewegung, die sich wirksam gegen die Repression im Kapitalismus in der heutigen Zeit stellt.

    Freiheit für alle politischen Gefangenen der emanzipatorischen Bewegungen!

    Gemeinsam für eine internationalistische, antipatriarchale, sozialrevolutionäre, antiimperialistische und antimilitaristische Bewegung!

    Ich wäre gerne bei Euch! Ich bin bei Euch! Ich danke Euch für Eure Solidarität!

    Euch, die ihr in Berlin in Solidarität mit Daniela und für eine Gesellschaft ohne Knäste auf der Strasse sein werdet; allen Eingesperrten, Daniela, den durch den Staat – teilweise seit Jahrzehnten – terrorisierten Angehörigen; denen, die auch gezwungen sind, in der

    Illegalität zu leben, den Niedergedrückten, den Gedemütigten, den Aufstehenden, den Traumatisierten patriarchaler Verhältnisse, den Traumatisierten der Weltverhältnisse –

    Euch allen – von Herzen meine Liebe und alle Kraft der Welt!

    Frei sein können wir nur, wenn alle frei sind.

    Freiheit für Daniela!

    Burkhard Garweg

  • Info Nr. 36 / 19.6.2025

    Hallo,

    seit dem 18. Juni 2025 braucht Daniela die schwere Bleiweste nicht mehr zu tragen, mehr dazu im Artikel.

    Die nächsten Prozesstage:

    Mittwoch, d. 25.6. um 9 Uhr

    Dienstag, d. 1.7. um 10 Uhr

    Mittwoch, d. 2.7. um 9 Uhr

    Dienstag, d. 8.7. um 10 Uhr

    Mittwoch, d. 9.7. um 9 Uhr

    Dann ist bis Ende Juli Sommerpause.

    Am 23. August 2025 ist wieder eine Kundgebung und neu mit Demo in Vechta um 13.30 Uhr!

    Am 13. August 2025 wird ein Bus von Frankfurt nach Verden zum Prozess fahren. Dies sollte Ansporn für weitere Städte/Orte sein. Wir könnten uns vorstellen, dass zumindest einmal im Monat solidarische Menschen jeweils aus einer anderen Stadt beim Prozess dabei sind. Es muss ja nicht immer ein Bus sein. Wenn jeweils um die zehn Menschen dabei wären, wäre es eine tolle Sache. Daniela würde sich sehr freuen, wenn wir so eine monatliche Besuchskette hinkriegen würden. An diesem Tag wird in Verden-Eitze auch wieder eine Kundgebung stattfinden. Offiziell hat die Reithalle Platz für 33 Zuschauer*innen. Die Medienvertreter*innen haben 66 Plätze. Sind aber diese nicht alle besetzt, dürfen normalerweise weitere Zuschauer*innen diese Plätze einnehmen.

    Gruppe: Solidarität mit Daniela

    Kontakt: solidarisch-mit-Daniela@t-online.de

    Anmerkung: unsere Internetseite wird im Juli startklar sein.

    Ein Artikel von Ariane Müller

    Endlich: Keine Bleiweste mehr für Daniela Klette!

    Die Staatsanwältin Marquardt kann sich nun diese überstülpen.

    Am 18. Juni 2025, dem 15. Prozesstag, hat das Landgericht – 1. Große Strafkammer – Verden durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Engelke, den Richter am Landgericht Niemeyer und die Richterin am Landgericht Meinke am 17.06.2025 beschlossen:

    Auf den Antrag der Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff auf gerichtliche Entscheidung vom 03.06.2025 wird die Anordnung der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta zum Tragen einer Schutzweste beim Transport außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufgehoben.

    Seit Beginn des Prozesses am 25 März 2025, angeklagt wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen vor dem Landgericht Verden und nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, muss Daniela Klette auf Anordnung der JVA Vechta eine schwere Bleiweste tragen. Klette musste diese Weste auf den Transporten von der JVA zu den Prozessorten, zuerst in Celle mit zwei Stunden Fahrzeit pro Strecke, und jetzt in Verden-Eitze (eine Stunde Fahrzeit pro Weg) und zurück tragen.

    Laut der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta vom 10.06.2025 handelt es sich um eine ballistische Schutzweste der Schutzklasse 4 mit dem zentralen Element von sog. Aufrüstplatten mit einem Gewicht von ca. 12 kg,

    Diese verursacht bei Klette anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen mit einhergehenden Verspannungen. Monatelang haben Klette und ihre Anwälte immer wieder auf diesen Punkt hingewiesen.

    Die JVA begründete ihre Anordnung damit, dass Klette auf den Transporten erschossen oder durch ein Sprengstoffattentat tödlich oder schwer verletzt werden könnte.

    “(…) dass der Angeklagten, die über einen schlanken Körperbau verfügt, während des Transportes Hand- und Fußfesseln angelegt sind, sodass sie weder durch den Einsatz ihrer Hände noch durch eine Veränderung ihrer Sitzhaltung die auf sie durch die Schutzweste wirkende Belastung reduzieren kann.“, so die Richter u.a. in ihrer Begründung.

    Mehrmals hatte Klette mündlich und schriftlich erklärt, dass sie auf das Tragen der Bleiweste verzichten will. Die Fixierung der Hände und der Füße ist eine Anordnung von der Bundesanwaltschaft. Auf den Transporten wird Klette immer von drei weiteren Polizeiwagen mit schwer bewaffneten Polizeikräften begleitet.

    Alle Prozessbeteiligten hatten am 3. Juni 2025 nach Verhandlungsschluss für einen kurzen Moment sich selbst überzeugen können, sie durften die Bleiweste für einen kurzen Moment überziehen. Alle empfanden die Bleiweste als schwer, belastend und unbequem. Nur die Staatsanwältin Marquardt fand die Bleiweste überhaupt nicht schlimm. Da jetzt die Bleiweste „frei“ ist, kann die Staatsanwältin nun endlich diese während der Verhandlungsdauer ja immer tragen.

    Eine Kurzmeldung der jungen Welt: Ausgabe vom 19.06.2025, Seite 4 / Inland

    Klette künftig ohne Bleiweste

    Verden. Im Prozess gegen das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette, erzielte die Verteidigung einen Zwischenerfolg. Klette muss bei Transporten außerhalb der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta fortan keine bleibeschwerte ballistische Schutzweste mehr tragen. Die Entscheidung hat der Vorsitzende Richter am Mittwoch im Landgericht Verden verlesen. Die 66jährige musste seit Beginn des Prozesses am 25. März dieses Jahres auf Anordnung der JVA eine solche Weste tragen. Monatelang haben sie und ihre Anwälte auf dadurch verursachte anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen hingewiesen. Die Gefängnisleitung begründete die Anordnung damit, dass Klette auf den Transporten erschossen oder durch ein Sprengstoffattentat schwer verletzt werden könnte. Am 3. Juni konnten sich alle Prozessbeteiligten von dem Tragegewicht der Weste überzeugen. Sie empfanden diese als schwer, belastend und unbequem. Einzig die Staatsanwältin schätzte die Belastung als nicht schwerwiegend ein. Die Richter stellten in ihrem Beschluss ferner fest, dass »der Angeklagten, die über einen schlanken Körperbau verfügt«, durch die Hand- und Fußfesseln »während des Transportes« geschadet werde. Klette könne ihre Sitzhaltung auf den zuletzt rund einstündigen Fahrten nicht ändern. Ariane Müller

    Infos zur Busfahrt von Frankfurt zum Prozess nach Verden am 13. August 2025

    „Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“

    Wir freuen uns gemeinsam mit euch am 13. August im Bus der Solidarität aus Frankfurt

    am Main zum Prozess gegen Daniela Klette nach Verden zu fahren. Abfahrt ist um 01:00

    Uhr am DGB Haus in der Wilhelm-Leuschner-Straße in Frankfurt am Main. Nach dem

    Prozesstag geht es gemeinsam zurück nach Frankfurt.

    Tickets bekommt ihr für 30€ jeden Montag im Infoladen im Exzess in Frankfurt oder per

    Mail (danielasoliffm@systemli.org, gerne verschlüsselt)

    Seien wir kreativ, farbenprächtig und kämpferisch! Solidarität ist unsere Waffe!

  • Info Nr. 35 / 2.6.2025

    Hallo,

    in Verden-Eitze werden erst mal doch keine Kundgebungen an den Prozesstagen stattfinden. Wenn allerdings zu einem bestimmten Prozesstag zahlreiche solidarische Menschen z.B aus der Stadt soundso anreisen, werden wir dann wieder eine Kundgebung anmelden.

    Die nächsten Prozesstermine sind am Dienstag, d. 3. Juni 2025 um 10 Uhr und am Mittwoch, d. 4. Juni 2025 um 9 Uhr in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstraße 48/50.

    1. Prozesserklärung von Daniela

    2. Zeitungsartikel junge Welt vom 30.5.25

    3. Interview mit dem Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff

    4. Das Flugblatt an die Bevölkerung in Verden-Eitze

    Gruppe: Solidarität mit Daniela

    Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de

    1.

    Die Prozesserklärung von Daniela vom 10.Verhandlungstag am 28.5.2025

    Die junge Welt konnte sie auszugsweise in der Wochenendausgabe vom 31.Mai./1.Juni.2025 veröffentlichen.

    Am 28. Mai gab Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, im laufenden Prozess gegen sie eine Erklärung ab, in der sie auch den millionenschweren Ausbau der Reithalle in Verden zum Gerichtsgebäude fungiert, kritisiert:

    (…) Es gibt ja tausend Ideen, die den meisten sofort einfallen, wo statt für solch einen irrationalen Komplex Geld äußerst willkommen wäre: Schulgebäude, Kitas, Schwimmbäder, Krankenhäuser, Klima- und Umweltschutz, Frauenhäuser, würdige Lebensbedingungen für Geflüchtete usw. (…)

    Alle Anstrengungen werden auf Militarisierung und Kriegstüchtigkeit gerichtet – nach außen die Kriegstreiberei, die Aufrüstung und die deutsche Unterstützung des Völkermordes

    in Gaza und der Westbank durch die ununterbrochene Lieferung militärischen Materials an die rechtsradikale israelische Regierung. Und selbst, wenn jetzt zaghafte kritische Äußerungen aus Regierungskreisen zur israelischen Kriegführung kommen, wird sich nur an Taten wie Sanktionen und dem Stopp aller militärischen Unterstützung zeigen, ob das mehr als Politikertheater ist. Dass es überhaupt zu solchen Äußerungen gekommen ist, ist nur durch die Kontinuität und Ausweitung des palästinasolidarischen Widerstands und dem stärker werdenden internationalen Druck erreicht worden.

    Nach innen findet die Erweiterung der Polizeibefugnisse zur Überwachung und Verfolgung von Widerstand statt, unterstützt durch den technologischen Ausbau des Fahndungsapparates mit KI und Drohnen sowie die Endsolidarisierung innerhalb der Gesellschaft und die fortschreitende Entrechtung von Migranten, Geflüchteten und von Armut Betroffenen, die

    Umsetzung rechtsradikaler Forderungen als Regierungspolitik und die verschärfte Repression gegen diejenigen, die sehen, dass Kapitalismus Krieg und Faschismus in sich trägt und zur

    Zerstörung der Lebensbedingungen aller führt (…)

    2.

    https://www.jungewelt.de/artikel/500946.staatsgewalt-noch-platz-auf-der-bank.html

    Noch Platz auf der Bank

    Verden: Prozess gegen Daniela Klette in überdimensionierter ehemaliger Reithalle fortgesetzt. Anwälte fordern Verlegung

    Von Ariane Müller, Verden

    Mit dem zehnten Verhandlungstag ist am Mittwoch der Prozess gegen Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, vor dem Landgericht Verden fortgesetzt worden. Für diesen Zweck wurde eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze zu einer Art »Festung« umgebaut und für rund zwei Jahre angemietet, weil das Gebäude des Landgerichts nicht den Sicherheitsanforderungen der Bundesanwaltschaft entsprach. Kostenpunkt: 3,6 Millionen Euro. Die ersten Prozesstage fanden noch im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts in Celle statt. Vorgeworfen werden Klette von der Staatsanwaltschaft Verden 13 Aktionen zur Geldbeschaffung.

    Der nun erstmals genutzte neue Gerichtssaal ist völlig überdimensioniert. Auch die Anklagebank. Es könne doch sein, dass in den nächsten Monaten eines von den beiden noch gesuchten angeblichen Ex-RAF-Mitglieder Volker Staub und Burkhard Garwig festgenommen wird, so die Staatsanwältin. Eine ziemlich abwegige Überlegung, denn wenn ein weiterer Angeklagter in diesem Kontext hier vor diesem Gericht stehen würde, müsste der Prozess wieder auf Null gestellt werden. Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sowie die Zuschauerinnen und Zuschauer sind durch eine Glasfront räumlich und akustisch getrennt. Bewegen sich im Eingangsbereich die Justizbeamten, spiegelt sich das in der Glasfront, so dass die Prozessbeteiligten nur noch schwer zu sehen sind. Die Akustik durch die Sprechanlage auf beiden Seiten ist eine Katastrophe. Die Stimmen der Prozessbeteiligten hallen, sind teilweise nicht zu verstehen.

    Zum Prozessbeginn – und wenn eine Verhandlungspause beendet ist – ertönt über die Lautsprecheranlage ein Gong mit einer Computerstimme: »Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.« Das erinnert viele an eine Durchsage in Schulen oder in Bahnhöfen. Bei einer solchen Durchsage muss Klette lachen.

    Die Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff hatten einen Antrag beim Gericht eingereicht: Verlegung in das Landgericht Verden. »Denn der Ausbau dieser Reithalle zu einem Hochsicherheitsbereich suggeriert in der Öffentlichkeit eine enorme Gefährlichkeit, lässt Erinnerungen an Orte wie Stammheim – bewusst oder unbewusst – anklingen. Es geht damit also eine deutliche Vorverurteilung unserer Mandantin, die allein durch die Wahl des Verhandlungsortes als besonders gefährlich oder terroristisch gebrandmarkt werden soll, einher«, heißt es darin. »Dieser Saal ist Ausdruck eines völlig absurden, durch nichts zu rechtfertigen Sicherheitswahns. Vor wem hat man hier Angst? Vor unserer Mandantin? Vor irgendwelchen Kommandos, die fast 30 Jahre nach Auflösung der RAF hier einen Befreiungsversuch unternehmen könnten?« heißt es in einer Ergänzung von Rechtsanwalt Klinggräff. Am nächsten Prozesstag will die Kammer dazu eine Entscheidung verkünden.

    Nach dem Antrag gab Klette eine Erklärung ab. Es sei empörend, dass für diesen Umbau 3,6 Millionen Euro ausgegeben worden seien. Es solle Stimmung in der Bevölkerung gegen sie gemacht werden: »Für die gibt’s Geld«, wo es doch an allen Ecken und Enden und vor allem für soziale Belange fehlt. Alle Anstrengungen des Staates würden auf die Militarisierung und Kriegstüchtigkeit gerichtet. Nach außen die Kriegstreiberei, die Aufrüstung, die Unterstützung des Völkermords in Gaza; nach innen durch die Erweiterung der Polizeibefugnisse zur Überwachung und Verfolgung von Widerstand, unterstützt durch den technologischen Ausbau des Fahndungsapparates.

    Die Staatsanwältin regte sich mächtig über das Statement von Klette auf. Dieser Prozess sei ein ganz normales Strafverfahren, politische Erklärungen hätte da nichts zu suchen. Unbeeindruckt davon zeigte sich ein kleiner Vogel: Er überwand unbehelligt alle Sicherheitsvorkehrungen und zwitscherte aufgeregt im Publikumsbereich. Zwei Polizeibeamtinnen griffen sich das Vöglein und setzten es draußen wieder in Freiheit.

    Junge Welt vom 30.5.2025

    3.

    https://www.jungewelt.de/artikel/500726.prozess-gegen-daniela-klette-irrsinniger-und-unbegr%C3%BCndeter-sicherheitswahn.html

    »Irrsinniger und unbegründeter Sicherheitswahn«

    Zum bisherigen Verlauf des Prozesses gegen das mutmaßliche Ex-RAF-Mitglied Daniela Klette. Ein Gespräch mit Ulrich Klinggräff

    Interview: Ariane Müller

    Sie sind einer der Verteidiger von Daniela Klette. Was wird ihr vorgeworfen?

    Ihr wird die Teilnahme an insgesamt 13 Raubüberfällen auf Geldtransporter und Kassenbüros von Einkaufscentern im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 vorgeworfen. Dabei ist eine Tat aus dem Jahre 2015 von der Staatsanwaltschaft Verden als versuchter Mord angeklagt worden.

    Warum fand der Prozess bisher in Celle statt?

    Das Landgericht Verden ist der Auffassung, dass in diesem Verfahren besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind und der Prozess deshalb nicht in einem »normalen« Verhandlungssaal stattfinden kann.

    Darum wurde eine Reithalle in einem Vorort von Verden für 3,6 Millionen Euro zu einem riesigen Hochsicherheitssaal umgebaut. Das alles ist Ausdruck eines völlig irrsinnigen und gänzlich unbegründeten Sicherheitswahns. Gericht und Staatsanwaltschaft lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, es handele sich um ein ganz normales Strafverfahren und dass man am möglichen RAF-Hintergrund überhaupt kein Interesse habe. Durch die ganzen Sicherheitsmaßnahmen wird der Öffentlichkeit aber das Bild eines »Terrorverfahrens« vermittelt. Für uns stellt dies einen Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und eine erhebliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte unserer Mandantin dar.

    Ab dem 28. Mai wird die Verhandlung in Verden-Eitze fortgesetzt. Können Sie nach bisher neun Prozesstagen ein erstes Resümee ziehen?

    Aktuell findet die Beweisaufnahme zu dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter in der Ortschaft Stuhr 2015 statt. Das ist der Fall, der als versuchter Mord angeklagt ist. Hierzu finden viele Zeugenvernehmungen statt. Es geht um DNA-Spuren, um Schussverläufe und vieles mehr. Nach unserer Auffassung spricht einiges dagegen, dass Daniela Klette überhaupt am Tatort gewesen ist. Darüber hinaus halten wir die Behauptung, die Täter hätten einen Tötungsvorsatz besessen, für abwegig. Sie ist Ausdruck der politischen Aufladung dieses Verfahrens. Aus der vermuteten früheren RAF-Mitgliedschaft unserer Mandantin werden negative Rückschlüsse gezogen. Bezugnahmen auf willkürlich anmutende Behauptungen zur RAF, ihrer Struktur und ihren Handlungsweisen sollen den Mangel objektiver Erkenntnisse kaschieren. Das Gericht hat aber erklärt, sich von derartigen »RAF-Bezügen« freimachen zu wollen.

    Frau Klette wurde zu jedem Prozesstag von der JVA Vechta nach Celle gebracht und musste dabei auf Anordnung Hand- und Fußfesseln sowie eine schwere Bleiweste tragen. Welchen Zweck verfolgen diese Maßnahmen?

    Diese Maßnahmen zeigen den Ausnahmecharakter des Verfahrens und beeinträchtigen die Persönlichkeitsrechte von Frau Klette. Insbesondere unter der zwangsweise angelegten Bleiweste hat unsere Mandantin erheblich zu leiden. Diese verursacht Druck- und andauernde Nackenschmerzen und hat auch negative Auswirkungen auf ihre Konzentrationsfähigkeit. Grund sei eine angebliche Gefährdung unserer Mandantin. Klette sagte, dass sie auf derartige Schutzmaßnahmen verzichten kann. Diesbezüglich fanden und finden in den Verhandlungen regelmäßig Auseinandersetzungen statt. Die Maßnahme beruht zwar auf einer Anordnung der Haftanstalt, berührt aber auch den Verantwortungsbereich des Gerichts. Wir erwarten nun, dass die Anordnung der Bleiweste aufgehoben wird.

    Werden diese Anordnungen weiterhin greifen, wenn der Prozess in Verden-Eitze weiterläuft?

    Das Gericht hat am letzten Verhandlungstag mitgeteilt, dass jedenfalls die Vorführung unserer Mandantin in den Verhandlungssaal ohne Fesseln erfolgen soll. Die absurden Sicherheitsmaßnahmen auch auf dem Transport zu den einzelnen Verhandlungstagen sind nicht länger zu rechtfertigen und müssen aufgehoben werden. Frau Klette freut sich übrigens sehr über jede solidarische Unterstützung in diesem Verfahren.

    Hinweis: In einer früheren Fassung des Interviews wurden durch redaktionelle Bearbeitung leider zwei sinnentstellende Änderungen vorgenommen, die hier korrigiert wurden. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. (jW)

    4.

    Liebe Bevölkerung in Verden-Eitze,

    Wie Sie sicherlich schon seit Wochen wissen, findet ab dem 28. Mai 2025 der Prozess gegen Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ein vermeintliches ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, vor dem Landgericht Verden statt. Das Gebäude des Landgerichts in Verden ist nach Behördensicht angeblich nicht sicher. Aus diesem Grund wurde eine ehemalige Reithalle in der Weitzmühlenerstraße 48/50 zu einer Gerichtshalle, regelrecht zu einer „Festung“ umgebaut und für rund 3,6 Millionen aus Steuergeldern angemietet. Daniela Klette wurde seit über 30 Jahren wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der RAF (inzwischen verjährt) und wegen 2 Aktionen, zu der sich die RAF damals bekannte, gesucht.

    Sie wurde Ende Februar 2024 in Berlin verhaftet. In dem jetzigen Prozess wird ihr außerdem vorgeworfen, an 13 Überfällen auf Geldtransporter und Kassenbüros von Einkaufszentren beteiligt gewesen zu sein. Dabei ist eine Tat, der Überfall in Stuhr aus dem Jahre 2015 von der Staatsanwaltschaft Verden als versuchter Mord angeklagt worden.

    Bereits die Aussagen der Zeug*innen in den ersten Prozesswochen in Celle sprechen dagegen, dass Daniela Klette überhaupt am Tatort gewesen ist. Keine(r) hat eine Frau erkannt, sondern alle haben von drei Männern, teilweise mit einem osteuropäischen Akzent, berichtet.

    Wir, die Gruppe „solidarisch mit Daniela“ empfinden diese Art der Prozessführung, den Umgang vieler Medien damit und die teure staatliche Symbolpolitik mit völlig überzogenen Fahndungsmaßnahmen und hoher Polizeipräsenz an einzelnen Prozesstagen absurd. Wir wollen stattdessen eine andere Gesellschaft, in der Menschen keine andere Menschen unterdrücken und ausbeuten. Wir hassen Ungerechtigkeiten. Die jetzige kapitalistische Gesellschaft stellen wir in Frage, weil alleine in Deutschland die reichsten 10% über 67% des

    Vermögens besitzen, während wir uns als ärmere Hälfte der Bevölkerung 1% Vermögen teilen. Ein Bruchteil der Menschheit „lebt“ auf Kosten der übrigen Mehrheit.

    Wir haben uns zusammengefunden, weil wir die Wut und gleichzeitig die Hoffnung auf ein besseres Leben für alle Menschen mit Daniela Klette teilen. Wir sind in diesem Zusammenhang mit ihr solidarisch gegen einen staatlichen und medialen Umgang, der wie eine Hetzjagd wirkt, auf alle, die dieses System in Frage stellen.

    An den Prozesstagen, in der Regel am Dienstag und am Mittwoch, wird es in Ihrer Gegend etwas lebhafter zugehen. Nicht nur die unmittelbaren Beteiligten werden dem Prozess beiwohnen, sondern auch viele Journalist*innen und Zuschauer*innen. Wir werden an jedem Prozesstag vor der dem Eingang eine kleine Kundgebung mit einem kleinen Infostand anmelden. Wir würden uns freuen, wenn sie Fragen haben sollten, kommen Sie bitte zu uns.

    Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de

    Gruppe: Solidarität mit Daniela

  • Info Nr. 34 / 12.5.2025

    Hallo,

    Ariane berichtet von den Prozesstagen in der jungen Welt. Bei der Veröffentlichung des letzten Artikels vom 8. Mai gab es gewisse Differenzen. Die Überschrift hat nicht Ariane geschrieben, sondern die junge Welt. Inzwischen wurde die Überschrift vom Online-Artikel geändert, in der Print-Ausgabe war es leider nicht mehr möglich. Aber auch der ursprüngliche Artikel von Ariane wurde an einigen Stellen verändert und ergänzt. Generell ist zu sagen, dass die junge Welt, die Inlandredaktion, die Überschriften fast immer selbst formuliert und sich auch vorbehält, die Artikel zu verändern und zu ergänzen. Ariane gibt oft die Infos vom laufenden Prozess am gleichen Tag telefonisch durch, weil die junge Welt diese bis 15 Uhr braucht, der Prozess aber bis 16.30 Uhr gehen kann, wenn gleich am nächsten Tag nach einer Gerichtsverhandlung ein Bericht in der jungen Welt steht soll. Ein weiterer Artikel vom Prozesstag vom 29.April veröffentlichen wir sowie die Aufrufe der beiden Veranstaltungen zur Solidarität mit Daniela am 21. Mai in Frankfurt/Main und am 25. Mai in Königs-Wusterhausen bei Berlin. Die beiden letzten Prozesstage in Celle sind am 13. und 15. Mai jeweils um 10 Uhr. Ab dem 27. Mai geht der Prozess in Verden-Eitze weiter. Wir möchten noch einmal an das bundesweite Solidaritätstreffen am 24. Mai 2025 um 11 Uhr in Bremen erinnern.

    Solidarische Grüße

    Gruppe: Solidarität mit Daniela

    Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de

    Der Artikel aus der jungen Welt vom 8.5.2025

    Mit Kufiya auf der Anklagebank

    Vor Gericht zeigt sich das mutmaßliche Ex-RAF-Mitglied Daniela Klette palästinasolidarisch. Aussage eines Zielfahnders

    Von Ariane Müller, Celle

    Solidarität mit Palästina im Gericht: Es geht nicht um eine Hörsaalbesetzung oder eine kriminalisierte Parole, sondern um Daniela Klette. Am Dienstag, dem sechsten Verhandlungstag im Prozess gegen das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF), hat sich die Angeklagte den anwesenden Pressefotografen und Kamerateams mit einer Kufija um die Schultern präsentiert und ein Blatt Papier mit den Worten »Stop Vertreibung Bombardierung Aushungern« hochgehalten. Wie auch in ihrer Stellungnahme am ersten Prozesstermin und in ihrer Grußbotschaft an die »Revolutionäre 1.-Mai-Demo« in Berlin wandte sich die 66jährige damit gegen das Vorgehen des israelischen Militärs in Gaza und im Westjordanland. Laut einer Zeugenaussage soll die Angeklagte zudem ihre RAF-Mitgliedschaft in einem Polizeirevier kundgetan haben.

    Im Rahmen der Verhandlung am Dienstag war ein Zielfahnder des Landeskriminalamts Niedersachsen als Zeuge geladen, der Klette am 26. Februar 2024 in Berlin festgenommen hatte. Der Polizeibeamte war beauftragt worden, dem Hinweis eines Capoeira-Meisters nachzugehen, laut dem die gesuchte Klette, alias Claudia Schmidt, in der Kreuzberger Sebastianstraße wohne. Der Zeuge sagte aus, dass es sich für ihn zunächst um eine routinemäßige Überprüfung gehandelt habe.

    Erst in der Warteschlange auf der Polizeiwache habe der Beamte geahnt, dass die Frau tatsächlich die gesuchte Klette sei. »Es ärgert mich selber«, sagte der Zielfahnder rückblickend. Jeglicher Zweifel müsste sich dann – seiner Aussage zufolge – erübrigt haben, da die Festgenommene beim Durchlaufen des Wartebereichs im Polizeigebäude sinngemäß gerufen haben soll: »Ich bin Daniela Klette von der RAF. Ich bin festgenommen.« Sie habe sich zudem über ihre Mutter und Schwester sowie den weiteren Verbleib ihres Hundes erkundigt.

    Am Mittwoch fand ein weiterer Prozesstermin statt. Es wurden zwei Augenzeugen mutmaßlicher Geldbeschaffungsaktionen befragt, bei denen die Angeklagte beteiligt gewesen sein soll. Der nächste Verhandlungstermin ist für Dienstag, den 13. Mai, angesetzt. Noch immer muss Klette auf Anweisung der JVA Vechta bei den Hin- und Rückfahrten zum Gerichtsgebäude eine schwere Bleiweste tragen, was nach Argumentation der Verteidigung – Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff – die Verhandlungsfähigkeit der Angeklagten beeinträchtige, da sie an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich leide. Obwohl der Vorsitzende Richter Lars Engelke wiederholt auf diesen Missstand hingewiesen worden war, hat sich bis heute nichts daran geändert. Die ihr angelegte Hand- und Fußfixierung ist eine Anordnung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

    Daniela Klette wird die Beteiligung an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland zwischen 1999 und 2016 – nach der Selbstauflösung der RAF – vorgeworfen. Seit dem 25. März läuft der Prozess im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts im niedersächsischen Celle, ehe er dann ab Ende Mai in Verden-Eitze fortgesetzt werden soll.

    Hinweis: Eine frühere Fassung des Beitrages hatte eine missverständliche Überschrift, die geändert wurde. (jW)

    Der Artikel aus der jungen Welt vom 2.5.2025

    Bleierne Belastung für Klette

    Verteidigung des mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieds gegen verpflichtende Weste bei Transporten Von Ariane Müller

    Am fünften Verhandlungstag im Prozess um das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Rote Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette, hat das mediale Interesse am Landgericht Verden nachgelassen. Nicht nachgelassen haben hingegen die sogenannten Sicherheitsvorkehrungen, denen die 66jährige ausgesetzt ist. Wie der Vorsitzende Richter Lars Engelke während der Verhandlung am Dienstag mitteilte, trage die Angeklagte die schwere Bleiweste während der Transportfahrten zum Verhandlungsort in Celle nicht auf Anordnung des Gerichts, sondern auf Geheiß der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta, in der Klette seit ihrer Verhaftung in Berlin Ende Februar 2024 einsitzt. Klettes Anwälte verlangten ein Ende der Maßnahme.

    Die Strafverteidiger – Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich Klinggräff – hatten im Verlauf des Prozesses mehrfach die Haftbedingungen Klettes und die vermeintlichen Sicherheitsvorkehrungen des Gerichts kritisiert. Diese würden Anzeichen eines Terrorismusverfahrens aufweisen und auf eine »Vorverurteilung« hindeuten, so die Anwälte beim ersten Verhandlungstag am 25. März. Mitte April beanstandete die Verteidigung zudem, dass ihre Mandantin infolge des Tragens der Bleiweste an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich leide, was ihre Konzentrationsfähigkeit beeinträchtige.

    Am Dienstag forderten Klettes Anwälte den Richter auf, schnellstens die Leitung der JVA zu beauftragen, diese Maßnahme umgehend zu beenden. Er habe schließlich eine Fürsorgepflicht und sei für die Verhandlungsfähigkeit Klettes verantwortlich. Auf Anordnung der Bundesanwaltschaft ist Klette außerdem an Händen und Füßen gefesselt. Für den Richter stellte sich der Verhandlungstermin offenbar entspannt dar; er lobte die gute Atmosphäre im Gerichtssaal, dies sei »vorbildlich«.

    Auf der Tagesordnung des Gerichts stand auch die Aussage eines Zeugen, der seine Wohnung in Bremen von 2013 bis 2016 an eine Frau namens Sarah Lopez untervermietet hatte. Im Gerichtssaal will der Mann Daniela Klette als diese erkannt haben. Auch eine Vermietung ab Herbst 2012 erachtete der Zeuge als möglich. Auf die Person sind die Polizeibehörden gestoßen, weil in Klettes Berliner Wohnung bei einer Razzia Daten von ihm aufgefunden worden sind. Der Zeuge spekulierte, dass womöglich auch Freunde der Angeklagten in der Bremer Wohnung zu Besuch waren. Ob die noch immer flüchtigen und ebenfalls mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieder Burkhard Garweg oder Ernst-Volker Staub dort Unterschlupf gefunden hatten, ist allerdings unklar.

    Klette wird vorgeworfen, mit Garweg und Staub zwischen 1999 und 2016 – nach der verkündeten Selbstauflösung der RAF im Jahr 1998 – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein. Der Prozess vor dem Landgericht Verden findet vorerst in der niedersächsischen Stadt Celle im Staatsschutzsaal des dortigen Oberlandesgerichts statt. Ab Ende Mai soll das Verfahren in einer ehemaligen Reithalle in Verden-Eitze fortgesetzt werden. Die Miete der Halle, die einen Umbau in einen Hochsicherheitsaal abdeckt, soll rund 3,6 Millionen Euro kosten.

    Solidarität mit Daniela Klette wurde unterdessen auf die Straße getragen. Zur »Revolutionären 1.-Mai-Demo« in Berlin hätte man die Aktivistin sogar als Rednerin »eingeladen«, erklärten die Veranstalter im Gespräch mit junge Welt am Dienstag. Andere Medien spekulierten im Vorfeld der Demo, dass wohl eine Rede von Klette verlesen werde. Das Bündnis hatte die ihr vorgeworfenen Handlungen Mitte März auf der Internetplattform X als »Enteignungsaktionen« bezeichnet und »Freiheit für Daniela Klette und alle Antifaschisten« gefordert.

    Aufruf zur Veranstaltung in Frankfurt am 21. Mai 2025, 19 Uhr

    Solidarität mit Daniela Klette

    Solidarität mit allen revolutionären Gefangenen und politisch Verfolgten weltweit!

    „Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“

    Burkhard Garweg (Frühjahr 2025):

    „Solange wir in einem System leben, das auf Gewalt basiert, und Menschen, die sich dagegen wehren, in Gefängnisse wegsperrt, ist vielfältiger Widerstand gerechtfertigt und notwendig. Nicht nur für die Gefangenen, sondern für die gesamte Menschheit gilt: Frei sein können wir nur, wenn alle frei sind.“

    Seit März 2025 findet in Celle (ab Ende Mai in Verden) der Prozess gegen Daniela Klette statt, die im Februar 2024 in Berlin verhaftet wurde. Mehr als 30 Jahre ist es ihr gelungen, sich dem massiven Fahndungsdruck und der Verhaftung zu entziehen, sich ein Leben außerhalb von Gefängnismauern aufzubauen. Burkhard Garweg und Volker Staub können sich trotz massiven Fahndungsdrucks bis heute der Festnahme entziehen.

    Daniela Klette ist in den ganzen Jahren eine politisch denkende und handelnde Frau geblieben. Der Prozess gegen sie ist ein politischer Prozess gegen die RAF, gegen die Ansätze von bewaffneten revolutionären Kämpfen in der BRD, auch wenn aktuell sog. Geldbeschaffungsaktionen angeklagt sind.

    Der Verfolgungswille des Staates ist ungebrochen, er trifft auch Familienangehörige, die potentiellen Besucher:innen, die Freund:innen von Daniela Klette und den beiden anderen.

    Auf der Veranstaltung am 21.05.2025 werden wir uns über aktuelle Situation von Daniela Klette informieren, uns über die Bedeutung der Solidarität mit ihr und anderen politischen Gefangenen austauschen, über die Einordnung des Prozesses in die aktuelle politische Situation sprechen, gemeinsam mit Ariane Müller von der Initiative solidarisch mit Daniela, und Rechtsanwalt Berthold Fresenius.

    21.05.2025, 19.30 Uhr, Exzess, Leipziger Straße 91, 60486 Frankfurt

    Aufruf zur Veranstaltung in Königs-Wusterhausen am 25.5.2025, 16 Uhr

    V.i.S.d.P. A. Sommerfeld / Rote Hilfe e.V. / Bundesgeschäftsstelle / Postfach 3255. 37022 Göttingen

    Politischer Schau-Prozess in Celle?
    Aktuelle Informationen und Einschätzungen zum „RAF-Prozess“ gegen Daniela

    Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Zusammen Kämpfen
    Königs Wusterhausen Königs Wusterhausen
    Spendet! Werdet Mitglied!
    kw.rote-hilfe.de // kw@rote-hilfe.de


    Am 15. April 2025 war es bereits der dritte Prozesstag gegen Daniela Klette, nach ihrer Verhaftung in der Illegalität Anfang letzten Jahres. Seit dem 25. März läuft der politisch stark aufgeladene und durch die bürgerlichen Medien medial gewohnt einseitig dargestellte Prozess gegen Daniela im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichtes (OLG) in Celle. Dort soll er noch
    bis Mitte Mai stattfinden, ehe er dann ab Ende Mai in Verden fortgesetzt wird. Daniela wird vorgeworfen, zwischen 1999 und 2016 – also nach der Auflösung der RAF – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein. Darüber will der Repressionsapparat zu einem späteren Zeitpunkt aber auch noch zu drei Angriffen der RAF Anfang der 90er Jahre ermitteln. Anja vom Bundesvorstand der Roten Hilfe charakterisierte die politischen Implikationen des Prozesses in einer ersten Presseerklärung daher so: „Der Prozess gegen Daniela Klette reiht sich nahtlos ein in die jahrzehntelangen Repressionskampagnen gegen ehemalige Mitglieder der Stadtguerilla-Gruppen und ihr jeweiliges Umfeld.“
    Wir haben einen Aktivisten des Gefangenen Infos aus Hamburg sowie eine Aktivistin der Soligruppe Daniela eingeladen um mit ihnen die bisher bekannten Dimensionen der Repression bzw. des Verfahrens zu skizzieren. Darüber hinaus wollen wir Ansätze einer politischen Einordnung entwickeln und gemeinsam überlegen, wie wir die Solidaritätsarbeit stärken können.


    Wir freuen uns auf euer kommen! Essen & Getränke gegen Spende.
    Wir schreiben auf der Veranstaltung politischen Gefangenen


    Sonntag, 25.05.2025 // 16 Uhr

  • Info Nr. 33 / 27.4.2025

    Hallo,

    ein Redebeitrag von der ersten Kundgebung zum Prozessauftakt am 25. März veröffentlichen wir hier (Punkt 1).

    Es werden in diesem Info die beiden letzten Artikel der jungen Welt von den letzten Prozesstagen am 1. April und vom 15./16. April 2025 abgedruckt (Punkt 2).

    Infos zu Andreas Krebs, der sich im Hungerstreik befindet (Punkt 3).

    Die nächsten Prozesstage sind am 29. April 2025 (Dienstag) und am 6. und 7. Mai 2025 (Dienstag und Mittwoch) jeweils um 10 Uhr in Celle. Während dieser Prozesstage werden auch wieder Kundgebungen stattfinden.

    Im Mai werden 2 Veranstaltungen stattfinden:

    21. Mai in Frankfurt, 19 Uhr im ExZess

    25. Mai in Königs-Wusterhausen (bei Berlin)

    Wenn die Aufrufe zu diesen Veranstaltungen erstellt sind, werden wir diese euch im nächsten Info mitteilen.

    Gruppe: Solidarität mit Daniela

    Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de

    1). Ein Redebeitrag, der auf der ersten Kundgebung am ersten Prozesstag am 25. März  gehalten wurde:

    Moin zusammen ich bin Monika aus Ostfriesland und möchte kurz darlegen, warum ich solidarisch mit Daniela Klette bin. Als ich vor über einem Jahr von Daniela’s Festnahme und der anschließenden Verhaftung gehört habe, hat mich das nicht unberührt gelassen.Warum?Daniela war und ist ein Teil des radikalen Widerstandes gegen die Zerstörungskraft des Kapitalismus. Zu dem militanten radikalen Widerstand gehörten die RAF, die Bewegung zweiter Juni, die revolutionären Zellen, die Rote Zora und viele kleine autonome und antiimperialistische Gruppen.                                                                                                                                  Manche sind in den Untergrund gegangen. Wir, die diesen Weg aus unterschiedlichen Gründen nicht gegangen sind, haben in den letzten Jahrzehnten antikapitalistischen,feministischen und antifaschistischen Widerstand geleistet. Aus der Legalität heraus haben wir in autonomen und antiimperialistischen Kleingruppen dem System kleine bis große Nadelstiche versetzen können. gegen Ausbeutung, gegen das Patriarchat, gegen Atom und Kriegspolitik und Rassismus, immer solidarisch mit den fortschrittlichen Befreiungsbewegungen. Daniela war Teil dieser Bewegung.                                                                                                                               Hier in der BRD haben wir versucht Strukturen zu schaffen, in denen wir gelebt haben, für das wir kämpfen. Solidarisch Feministisch und Kollektiv. Wir haben in den 80 iger Jahre Häuser besetzt. Überall in der BRD in Berlin, in Hamburg die Hafenstr. und in Düsseldorf die Kiefernstr, um nur einige zu nennen. Daniela war Teil dieser Bewegung.  Auch in den 80iger Jahren habe ich, haben wir uns mit den Gefangenen aus der RAF und aus dem Widerstand solidarisch gezeigt, wie z. B. die Unterstützung der Hungerstreiks. 

    Zurückblickend waren wir mal mehr, mal weniger erfolgreich. Was ist geblieben? Ich bin immer noch dabei! Was noch? Die vielen guten Erfahrungen, die ich machen durfte. Der Zusammenhalt und das gute Lebensgefühl, vieles richtig gemacht zu haben! Dieses starke Gefühl befähigt mich jetzt auch, trotz der vorhin dargelegten Repressionen Solidarität mit Daniela zu zeigen. Und natürlich haben wir auch Projekte des Kapitals verhindern können, haben uns Freiräume erkämpft und den Feminismus vorangebracht. Jetzt bin ich 64 Jahre alt und Autokraten, Oligarchen und Milliardäre rauben mir/uns den Schlaf. Rassismus, Sexismus und Frauenfeindlichkeit verfestigen sich. Die weltweite Fluchtbewegung wegen Krieg, Armut und Klimaveränderung hat zugenommen. Die widerliche Abschottungspolitik in Europa und den USA und die Salonfähigkeit der Faschisten sind nicht zu ertragen. Die Gier nach Profit zerstört weiter die Lebensgrundlage aller Menschen auf allen Ebenen und in immer rasantem Tempo. Wir wissen, dass der Kapitalismus keine Antwort hat auf den Wahnsinn, den er selbst verursacht.                                                         Diese Erkenntnis und der Kampf dagegen verbindet mich/uns mit Daniela Klette. Es gibt einen schönen Satz: Wenn du deinesgleichen im Stich lässt. lässt du dich nur selbst in Stich.          In diesem Zusammenhang weise ich auf die vielen linken Menschen hin, die derzeit im Knast sitzen. Ich kann nicht alle aufzählen. Es sind vor allem Menschen aus den antifaschistischen Widerstand – Namentlich möchte ich Maya nennen, die rechtswidrig aus der BRD nach Ungarn ausgeliefert worden ist und unter unsäglichen Haftbedingungen in Budapest sitzt und der syrische Antifaschistische Aktivist Zaid der in Köln im Knast ist und von Abschiebung bedroht ist. Menschen aus der Klimabewegung und Menschen, die sich für die Rechte von Kurdinnen und Kurden eingesetzt haben. Aktuell werden Menschen kriminalisiert, die gegen die israelische Politik auf die Straße gehen. Ihnen allen gehört meine unsere Solidarität und nicht zu vergessen den vielen Untergetauchten linken Menschen

    Ihnen Freiheit Glück und Gesundheit!

    Zum Schluss noch die Aufforderung an uns radikale Linke

    Lasst uns nach den Gemeinsamkeiten suchen, nicht nach den Trennenden.

    Uns rennt die Zeit davon

    Für eine Revolution, die für das Leben ist!

    2). Zwei Artikel über die beiden Prozesstage am 1. April sowie am 15. und  am 16. April:

    Alle Anträge abgelehnt

    Die Anwälte des mutmaßlichen Ex-RAF-Mitglieds Daniela Klette hatten die Einstellung des Verfahrens gefordert

    Ariane Müller, Celle

    Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Am zweiten Prozesstag gegen das mutmaßliche ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette, hat das Landgericht Verden am Dienstag über mehrere Anträge der Strafverteidiger entschieden – und diese abgelehnt. Die Anwälte versuchten erfolglos, eine Einstellung oder mindestens eine Unterbrechung des Prozesses zu erwirken. Klette wird vorgeworfen, zwischen 1999 und 2016 – nach der Auflösung der RAF – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein.

    Abgelehnt wurde unter anderem eine Argumentation der Verteidigung – Ulrich von Klinggräff, Lukas Theune und Undine Weyers –, nach der das Gericht unter einer »Vorverurteilung« Klettes operiere. Beim ersten Verhandlungstermin vor einer Woche hatten die Anwälte bereits eine politisch motivierte Prozessführung beanstandet. Allein die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Verfahren deuteten auf einen Terrorprozess hin, meldeten sie an. Die Angeklagte selbst hatte von einer »Jagd nach politischen Feind*innen und nicht einfach nach Räuber*innen« gesprochen. Ein dementsprechender Antrag der Anwälte zielte darauf ab, den Prozess einzustellen und den Haftbefehl aufzuheben, da ein faires und rechtsstaatliches Verfahren unmöglich sei. Die Richter befanden hingegen am Dienstag, dass die Sicherung des Gerichts keine Vorverurteilung bedeute.

    Auch eine politische Voreingenommenheit meinen die Richter nicht zu haben. Ein weiterer Haftbefehl gegen Klette wegen drei mutmaßlicher Aktionen der RAF wird noch nicht behandelt, ein separater Prozess könnte folgen. Den Vorwurf der Verteidigung, das Gericht könnte auch davon beeinflusst sein, wiesen die Richter zurück. Die Verfahren seien »juristisch völlig voneinander losgelöst«, behauptete Richter Jens Niemeyer und betonte, es wären Klettes Anwälte gewesen, die »als erste im Rahmen der Hauptverhandlung Bezüge zur RAF gezogen« hätten.

    Da der Einstellung nicht stattgegeben wurde, beantragten die Anwälte eine Prozessunterbrechung. Denn erst kurz vor Prozessbeginn hätten sie Einsicht in eine Festplatte mit Daten im Umfang von 18 Terabyte erhalten, so die Begründung. Das entspräche etwa zehn Millionen Aktenordnern. Selbst eine rudimentäre Sichtung dieser Informationsmenge würde mehrere Monate dauern. Die Richter wiesen den Antrag allerdings am Dienstag ab, da die Verteidigung nach Ansicht des Gerichts schon in den vergangenen zehn Monaten diesen Teil der Akten proaktiv beim Landeskriminalamt Niedersachsen hätte einsehen können.

    Nachdem sich die Richter kurz zur Beratung zurückgezogen hatten, verkündeten sie: Alle Anträge abgelehnt. Die Verteidiger stellten im Anschluss gegenüber junge Welt die Geschwindigkeit des Gerichts in Frage. »Dass die Entscheidung in 20 Minuten grundlegend gefällt worden sein soll, kann man sich nicht vorstellen«, so von Klinggräff. Die Richter hatten zuvor im Saal bekannt gegeben, dass sie immer so schnell arbeiten würden.

    Wenn kein großer Erfolg, dann immerhin etwas zum Schmunzeln: Die verantwortliche Staatsanwältin zeigte sich irritiert, dass jW vergangene Woche die Stellungnahme Klettes vom ersten Prozesstag abgedruckt hatte. Die vom Gericht angeordneten exzessiven Sicherheitsvorkehrungen blieben unterdessen bestehen. Ein Sprecher des Landgerichts gab am Dienstag bekannt, dass die Verteidigung bisher noch nicht rechtlich gegen die Maßnahmen vorgegangen sei. So bewachten erneut mit Maschinenpistolen bewaffnete Justizbeamte und Polizisten die Eingänge des Oberlandesgerichts Celle, wo der Prozess bis Ende Mai stattfindet. Dann steht ein Umzug in eine speziell für die Sicherungsbedingungen umgebaute Reithalle in Verden-Eitze auf der Agenda. Klette wurde auch am Dienstag wieder an Händen und Füßen gefesselt zum Gericht transportiert, ihre Anwälte trugen ihre Argumente aus einem kugelsicheren Glaskasten heraus vor. Die 66jährige hatte die Vorkehrungen vergangene Woche als »wirre und hysterische Sicherheitsmaßnahmen« kritisiert.

    Junge Welt vom 2. April 2025

    Verfahren gegen Daniela Klette

    Schmerzhafter Prozess
    Verfahren gegen Daniela Klette: Zeugen des Überfalls in Stuhr sprechen von drei Männern.


    Von Ariane Müller


    Die Angeklagte Daniela Klette (M.) begrüßt ihre Anwälte im Gerichtssaal (Celle, 15.4.2025)
    Am Dienstag, dem dritten Prozesstag gegen das mutmaßliche ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion, Daniela Klette, vor dem Landgericht Verden haben ihre Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich Klinggräff erneut Anträge auf Grundlage der Anträge des ersten Prozesstags gestellt. Die Anwälte forderten, dass das Verfahren gegen Klette eingestellt bzw. ausgesetzt und der Haftbefehl gegen Klette aufgehoben wird. Die Verteidigung möchte die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu Klettes Rolle bei RAF-Anschlägen in den Jahren 1990 bis 1993 abwarten. Außerdem beantragten die Verteidiger, Einsicht in die bisherigen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu bekommen.

    Die beiden Verfahren, also der aktuelle Prozess wegen der Geldbeschaffungsaktionen und die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, werden quasi in einen Topf geworfen, der Inhalt dann verrührt, um schließlich die Stücke herauszufischen, die das Bild einer »Mörderin« und »Terroristin« ergeben.

    Am Dienstag wurde auch der erste Zeuge vernommen, einer der beiden Fahrer des Geldtransporters, der am 6. Juni 2015 in Stuhr-Groß Mackenstedt im niedersächsischen Landkreis Diepholz überfallen wurde. Nach knapp zehn Jahren hatte er zwar etliche Gedächtnislücken, sagte aber aus, dass drei »sportliche« Männer zwischen 20 und 40 Jahren den Überfall begangen hätten und dass diese dem Akzent nach aus einem osteuropäischen Land stammen würden. Das deckt sich mit der Aussage, die der inzwischen verstorbene zweite Fahrer bei seiner Vernehmung zu Protokoll gegeben hatte. Diese wurde am Mittwoch verlesen. Auch die anderen am selben Tag gehörten Zeugen teilten diese Einschätzung. Von der Beteiligung einer Frau an den Überfällen war keine Rede.

    Die Anwälte machten das Gericht zudem auf die Schmerzen aufmerksam, unter denen Klette leidet, da sie auf den Fahrten zwischen Gefängnis und Gericht – angeblich zum Selbstschutz –gegen ihren erklärten Willen eine schwere Bleiweste tragen muss und an den Händen und Füßen gefesselt ist. Dadurch leidet Klette an Schmerzen im Kopf-, Nacken- und Rückenbereich. Die Anwälte argumentieren, es sei nur eine Frage der Zeit, bis durch die anhaltenden Schmerzen Klettes Konzentration nachlasse, so dass sie dem Prozess wohl nur noch bedingt folgen kann. Der nächste Prozesstermin ist für den 29. April angesetzt.

    Daniela Klette wird vorgeworfen, zwischen 1999 und 2016 – also nach der Auflösung der RAF – an 13 Geldbeschaffungsaktionen in Nordwestdeutschland beteiligt gewesen zu sein. Seit dem 25. März 2025 läuft der Prozess gegen Klette im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichtes (OLG) in Celle. Dort soll er noch bis Mitte Mai stattfinden, ehe der Prozess dann ab Ende Mai in Verden-Eitze fortgesetzt wird. Celle ist auch bekannt geworden durch das sogenannte Celler Loch, ein vom niedersächsischen Verfassungsschutz verübter Anschlag. Am 25. Juli 1978 wurde ein Loch in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle gesprengt, um die misslungene Befreiung von Sigurd Debus, einem Gefangenen aus dem RAF-Umfeld, vorzutäuschen. Der Geheimdienst wollte auf diesem Weg einen Spitzel in die Stadtguerilla einschleusen. Debus starb im April 1981 während eines Hungerstreiks – möglicherweise an den Folgen der ärztlichen Zwangsernährung.

    Junge Welt vom 18./19. April 2025

    3) Andreas Krebs befindet sich seit dem 14.04 im Hungerstreik und kämpft für bessere Bedingungen. Andreas ist solidarisch mit Daniela und steht mit ihr in Briefkontakt. Auf der Knastkundgebung „Solidarität mit Daniela“ am 15.März 2025 in Vechta konnte Andreas live per Handy ein Grußwort an die Teilnehmer*innen richten. Weitere Infos zu ihm siehe auf der Internetseite: www.political-prisoners.net. Am Sonntag, d. 27. April 2025 gab es vor dem Knast in Tegel eine Kundgebung.

    An die Anstaltsleitung,

    ich teile Ihnen mit das ich mich ab dem 14. April 2025 in den Hungerstreik begehe wegen folgenden Gründen:

    Die Ständige Postzensur durch die Vollzugsdienstleitung,

    der ständigen verspäteten Aushändigung,

    der ständigen Entnahme von Dingen aus der Post, so wie etwa die Nichtaushändigung von Postkarten vom 07.04 und dem Unverständnis der Gründe, hinzu ohne Anhalteverfügung.

    Mein Gesundheitszustand seit dem Vorfall vom 15.11.2024, mit der Bewusstlosigkeit in meinem Haftraum, und der Stellungnahme der Arztgeschäftsstelle gegenüber dem Senat für Justiz und das ihnen von diesem Vorfall, trotz Zeugen wie u.a. der Stationsbeamte Herr B., nicht bekannt ist.

    Keinerlei Möglichkeit einer Aufstockung des Hausgeld, sondern ganz im Gegenteil, ständige Kürzungen des Taschengeldes obwohl bedingt der gesundheitlichen Probleme das unverschuldete Fernbleiben von der Arbeit und keinerlei Entgegenkommen der Zahlstelle oder anderer.

    Die Schikane wegen meiner politischen Einstellung!

    Der gravierenden Probleme in der TA (Teilanstalt) II.

    Abhörungen installiert durch andere Inhaftierte, die somit auch mitgefangene abhören.

    Die Extreme Korruption in der JVA Tegel.

    Meine Perspektivlosigkeit bei der noch zu verbüßenden 16 Jahre Haft, ohne Aussicht auf  irgendetwas und der kompletten Entfremdung zur Außenwelt. Befinde mich nun seit 8 Jahren in Haft.

    Ich bitte daher um ein Gespräch mit dem Anstaltsleiter zur Klärung der Probleme und gegebenenfalls die Überprüfung einer Verlegung in einer anderen Justizvollzugsanstalt innerhalb Berlins oder falls möglich in die JVA Lübeck.

    Hochachtungsvoll                                                                                                                    Andreas Krebs

    10.04.25