„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
wir sind sehr traurig, als wir am Freitagabend erfahren mussten, dass Rolf Becker verstorben ist. Er war solidarisch mit Daniela. Auf der letzten Rosa Luxemburg Konferenz am 11. Januar 2025 hat Rolf das Grußwort von Daniela hervorragend verlesen. Sie ist erschüttert über seinen Tod. Wir haben Rolf vor vielen Jahren im Zusammenhang mit der Solidaritätsarbeit zu Mumia Abu Jamal kennengelernt und ihn als aufrechten Genossen geschätzt.
Anbei der Artikel aus der jungen Welt online extra vom Wochenende:
Hamburg. Der Schauspieler Rolf Becker ist am Freitag im Alter von 90 Jahren in Hamburg gestorben. Das erfuhr junge Welt aus dem Kreis seiner Familie. Der 1935 in Leipzig geborene Becker wirkte in über 200 Film- und Fernsehproduktionen als Schauspieler und Synchronsprecher mit und war auch als Hörspielsprecher aktiv. Er war unter anderem in dem Kinofilm »Ich bin ein Elefant, Madame« (1969) von Peter Zadek zu sehen sowie als Staatsanwalt Peter Hach in der Böll-Verfilmung »Die verlorene Ehre der Katharina Blum« unter Regie von Volker Schlöndorff (1975). Dazu kommen zahlreiche Auftritte in Fernsehserien wie »Derrick«, »Der Alte« und »Tatort« sowie seit 2006 in der ARD-Arztserie »In aller Freundschaft« als Otto Stein.
Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler war Becker gewerkschaftlich und politisch aktiv. Er engagierte sich an der Seite der 2021 verstorbenen Holocaustüberlebenden Esther Bejarano gegen Faschismus und Antisemitismus. Als aktives Mitglied der Gewerkschaft Verdi war Becker in der Griechenland-Solidaritätsgruppe »Gegen Spardiktate und Nationalismus« aktiv. Eine weitere Konstante war sein Einsatz für politische Gefangene. So engagierte er sich im internationalen Komitee zur Verteidigung von Slobodan Milosevic, das am zweiten Jahrestag der NATO-Aggression gegen Jugoslawien am 24. März 2001 in Berlin gegründet wurde. Er besuchte den damals noch zum Tode verurteilten und bis heute inhaftierten afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal 2009 in der Todeszelle in den USA. Im Jahr 2003 unterstützte Becker ein Gnadengesuch für den bereits seit über 20 Jahren inhaftierten Christian Klar und wirkte als dessen ehrenamtlicher Betreuer.
Als Rezitator des Kommunistischen Manifestes und von Fidel Castros Verteidigungsrede vor Gericht, von Texten des Kabarettisten Dietrich Kittner und des Publizisten Carl von Ossietzky wirkte er für politische Aufklärung. Gemeinsam mit dem Jazzmusiker Hannes Zerbe bearbeitete und interpretierte er das Libretto für das »Floß der Verdammten«.
Rolf Becker war ein enger Wegbegleiter der Tageszeitung junge Welt. Zahlreich sind seine Auftritte etwa auf der alljährlichen Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz und in der jW-Maigalerie. Am 12. April diesen Jahres wurde er mit dem erstmals von junge Welt und dem Kulturmagazin Melodie & Rhythmus verliehenen Rosa-Luxemburg-Preis neben seinem künstlerischen Werk insbesondere für sein konsequentes politisches Auftreten ausgezeichnet.
Bericht von meiner Zeugenvorladung am 10.12.25 in Hamburg
Am Mittwoch, den 10.Dezember hatte ich eine Vorladung in einem Hamburger Polizeirevier in Billstedt: Meine Zeugenvorladung lief über die Generalbundesanwaltschaft (GBA) wegen Volker Staub und „Mord“. Dabei soll es sich wohl um die Aktion 1991 des Kommandos Ulrich Wessel der RAF gegen den Treuhandchef Rohwedder handeln. Durch diese Behörde haben viele Arbeiter:innen ihren Job in der ehemaligen DDR verloren. Ich war in Begleitung meines Anwaltes Johannes Santen. Anwesend von der Gegenseite waren drei junge Beamte des BKA aus Meckenheim. Für mich war klar, ich werde nichts sagen. Also Aussageverweigerung.
Was wollten sie denn wissen, fragte mein Anwalt? Sie hatten daraufhin eine Menge Fragen und Fotos für mich parat. Es ging dabei um eine Wohngemeinschaft 1978 in Hamburg, in der Volker und ich gelebt haben sollen: Wie waren da die persönlichen und politische Verhältnisse untereinander ? Dazu muss ich sagen, dass nur durch Aussagen 2 ehemaliger WG-Mitglieder, die Bullen auf uns beide gestoßen sind. Später wurden diese Denunziationen im Münchener RAF-Prozess gegen Volker verwendet. Er wurde zu 4 Jahren Knast verurteilt und 1988 entlassen! Eine weitere Frage war: Wie habe ich ihn kennengelernt? Da ich Aussageverweigerung praktizierte, wurde die Befragung beendet .Die ganze Verhandlung wurde schriftlich von den Beamten festgehalten.
Wie geht es weiter? Es droht evtl. weitere Vorladungen und Bußgelder und schlussendlich Beugehaft bis zu 6 Monaten.
Fazit Schon 1984 nach der Verhaftung von Volker hatte ich eine Vorladung. Habe damals auch die Aussage verweigert. Auch wenn die Fragen bald 50 Jahre zurückliegen: Wie damals unsere politischen Beziehungen waren, geht der Klassenjustiz auch akut nichts an. Die ganzen zirka bisher 40 Vorladungen wegen Daniela, Burkhard und Daniela dienen zu Abschreckung nicht nur für die älteren, sondern auch für alle jüngeren Kämpfer:innen: Wie sind alle akut von Repression, Vorladungen und Knast wegen unserer antifaschistischen, internationalistischen, antimilitaristischen und klassenkämpferischen Aktivitäten gegen das herrschende System betroffen. Auch heute ist mir und hoffentlich auch allen anderen noch einmal klar geworden, wie wichtig es ist, nichts zu sagen: War schon 1984 so und heute ebenso!Aussageverweigerung ist immer ein notwendiger Widerstand! Zusätzlicher Grund der Vorladungen: Die Klassenjustiz blickt nicht durch, will deshalb alles erfassen und erforschen, wie und warum sich immer wieder Widerstand – früher wie heute – gegen diese imperialistische Bestie BRD erhebt. Anna und Arthur halten das Maul! Freiheit für Daniela Klette! Solidarität mit Volker, der seit über 30 Jahren gesucht wird und allen weiteren Untergetauchten! Freiheit ist nur durch Widerstand möglich!
Wolfgang Bin Mitglied des Netzwerks Freiheit für alle politische Gefangenen und im Januar werde ich Daniela besuchen.
Der Prozess gegen Daniela
Hier noch der letzte Artikel, der in der jungen Welt erschienen ist:
Fall Daniela Klette: Staatsanwalt zieht fünf Anklagepunkte zurück. RAF-Aktionen sollen im Herbst 2026 verhandelt werden Von Ariane Müller, Verden
Unerwartete Wende im Fall Daniela Klette: Die Richterkammer hat am vergangenen Dienstag, dem 42. Verhandlungstag, ihren Beschluss verkündet, dem Antrag der Staatsanwaltschaft zuzustimmen, fünf Anklagepunkte gegen das mutmaßliche ehemalige Mitglied der Roten Armee Fraktion (RAF) fallenzulassen. Damit könnte der Prozess wider Erwarten im Frühjahr 2026 zu Ende gehen. Erst vor kurzem noch hatte der Vorsitzende Richter weitere Prozesstermine bis Ende September 2026 festgelegt. Bis in den Oktober 2026 gab es schon eine grobe Terminplanung.
Der Ende März begonnene Prozess gegen Daniela Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im Zeitraum von 1999 bis 2016 wird seit Ende März 2025 vom Landgericht Verden geführt. Eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze wurde dafür für 3,6 Millionen Euro für die Dauer des Prozesses zu einem Hochsicherheitsgerichtssaal umgebaut. Der 14. Anklagepunkt, versuchter Mord, ist durch einen rechtlichen Hinweis der Richterkammer vom Tisch.
Am 12. November 2025, dem 41. Verhandlungstag, stellte die Staatsanwaltschaft Verden einen Antrag, der viele Prozessbeobachter überraschte. Sie beantragte, dass weitere fünf Anklagepunkte – die Überfälle auf Geschäfte und Supermärkte in Löhne und Celle 2011, in Stade 2012, in Elmshorn 2014 und in Northeim 2015 – nicht weiter Gegenstand im laufenden Verfahren sein sollen. Als Begründung wurde angeführt, dass sich mehrere, oft betagte und kranke Zeugen nicht mehr an die Geschehnisse erinnern könnten.
Das hatte sich im Laufe des Prozesses tatsächlich immer wieder bei den Zeugenbefragungen zu den einzelnen Anklagepunkten gezeigt. Die Zeugen konnten sich nach den vielen Jahren, die seit den verhandelten Taten vergangen sind, nicht mehr richtig an Abläufe oder Verdächtige erinnern. Auch sind Zeugen unter anderem von Gesprächen mit anderen Zeugen sowie von Berichten in Zeitungen, Fernsehen und im Internet beeinflusst worden. Sie hätten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in der Folge Beschreibungen etwa des Aussehens von Verdächtigen als Erinnerungen angegeben, die in Wirklichkeit keine eigenen Erinnerungen waren. Auch erhöhe sich nach Angaben der Staatsanwältin Annette Marquardt das zu erwartende Gesamtstrafmaß nicht signifikant, wenn diese fünf Anklagepunkte nicht eingestellt würden.
Ausgangspunkt dieser Entwicklung war ein nichtöffentliches Gespräch aller unmittelbar am Prozess Beteiligten auf Initiative der Richterkammer am 5. November. Der Vorsitzende Richter Engelke schlug sogar vor, sechs Anklagepunkte fallen zu lassen. Den sechsten Anklagepunkt, der Überfall in Osnabrück 2015, will die Staatsanwaltschaft dagegen weiter verhandelt wissen. Er soll im Januar 2026 in den Prozess eingeführt werden.
Ein weiterer Grund für die Einstellung der fünf Anklagepunkte ist vermutlich, den jetzigen Prozess abzukürzen. Denn die Bundesanwaltschaft plant, im Laufe des Jahres 2026 weitere Anklagen zu erheben. Klette soll beschuldigt werden, an mehreren Aktionen der RAF beteiligt gewesen zu sein. Es geht um den Beschuss der US-Botschaft in Bonn im Februar 1991 aus Protest gegen den Einmarsch der US-Armee in den Irak, den Anschlag auf die noch nicht fertiggestellte JVA Weiterstadt im März 1993 sowie den versuchten Anschlag auf ein Computerzentrum der Deutschen Bank in Eschborn im Februar 1990. Dieser Prozess soll im Herbst 2026 vor einem Oberlandesgericht beginnen.
Die nächsten Prozesstermine bis Ende Januar 2026 in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstr. 48:
Einschränkung der Presse im Prozess gegen Daniela Klette?
Der Prozess gegen das vermeintliche Mitglied der im 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) Daniela Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen auf Geldtransporter und Supermärkte (davon sind jetzt 5 Anklagepunkte fallengelassen worden) findet vor dem Landgericht Verden in einer für 3,6 Millionen umgebauten ehemaligen Reithalle in Verden-Eitze seit Ende Mai 2025 statt. Der Gerichtssaal in Eitze ist ein Ortsteil von Verden und liegt 4 Kilometer vom Zentrum entfernt. Einen Parkplatz in unmittelbarer Nähe gibt es nicht, stündlich fährt ein Bus vom Bahnhof Verden am Gerichtsort vorbei, die Haltestelle befindet sich in unmittelbarer Nähe.
Im Gerichtssaal sitzen die Pressevertreter*innen und die Zuschauer*innen hinter einer Glasfront, komplett abgetrennt vom übrigen eigentlichen Prozessraum. In einer kurzen Prozesspause dürfen die Zuschauer*innen und die Journalist*innen im Gerichtssaal bleiben, wenn sie es möchten. Für die Medienvertreter*innen gibt es einen Presseraum. Am 44. Verhandlungstag mussten aber alle in der kurzen Prozesspause den Saal verlassen. Dies war eine willkürliche Anordnung der Justizbeamt*innen. Die Pressesprecherin vom Landgericht Frau Teufel antwortete auf meine Anfrage, dass es eine klare Aussage vom zuständigen Richter Engelke gibt, dass die Zuschauer*innen und die Presseleute in einer kurzen Verhandlungspause im Gerichtssaal bleiben dürfen. So mussten die Zuschauer*innen draußen im Regen stehen. Einen Aufenthaltsraum wie im OLG Celle gibt es hier nicht, wo der Prozess von Ende März bis Ende Mai zuerst stattgefunden hatte, weil die Reithalle noch nicht fertig war. Den Presseraum dürfen die Zuschauer*innen nicht betreten.
In der Mittagspause müssen die Zuschauer*innen das ganze Areal verlassen. Die Journalist*innen konnten bisher in dieser Zeit immer den Presseraum nutzen, um dort ihre Artikel zu schreiben. Seit Dienstag, d. 2. Dezember 2025 dürfen die Medienvertreter*innen in der Mittagspause den Presseraum nicht mehr betreten und müssen ebenfalls das Gelände verlassen. Für mich ganz klar eine Behinderung der Pressearbeit.
„Offenbar scheint es so zu sein, dass bei Pausenzeiten über 45 Minuten das gesamte Gelände geräumt werden muss, da mehrere Beamte benötigt werden, um die Sicherheit auf dem Gelände zu gewährleisten. Da jedoch die Pausenzeiten der Kolleginnen und Kollegen eingehalten werden müssen, ist die Räumung des gesamten Geländes bei Pausen über 45 min. vorgeschrieben. Auf Nachfrage, ob die Zuschauer und die Presse nicht im Zuschauerraum verbleiben könnten, gerade bei diesen Wetterbedingungen, hieß es, dass dies nur mit erheblich mehr Personalaufwand möglich wäre“, so die Pressesprecherin des Landgerichts Verden Frau Teufel.
Außerhalb des Geländes gibt es in der Nähe keine Bäckerei mit einem Cafe, keine Imbissstube, kein Supermarkt, keine Gaststätte, nur einen Hofladen in der Nähe, der in der wärmeren Jahreszeit auch frequentiert wurde – mit ein paar Sitzgelegenheiten draußen. Nun aber ist die Winterzeit angebrochen.
Sollen durch solche Anordnungen die nicht zahlreichen Zuschauer *innen abgehalten werden, diesen Prozess beizuwohnen?
Soll die Arbeit, das Schreiben von Artikeln, der Journalist*innen eingeschränkt werden?
Soll die Öffentlichkeit indirekt ausgeschlossen werden?
Ariane Müller, freie Journalistin
Verden, 4. Dezember 2025
Anmerkung: Ich bin an fast jedem Verhandlungstag vor Ort und beobachte seit dem Beginn am 25. März 2025 den Prozess.
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
hier noch einmal die weiteren Prozesstermine (in der Regel am Dienstag und am Mittwoch) in 2025:
18.11.25 um 10 Uhr
25.11.25 um 10 Uhr
26.11.25 um 9 Uhr
2.12.25 um 10 Uhr
3.12.25 um 9 Uhr
9.12.25 um 10 Uhr
10.12.25 um 9 Uhr
16.12.25 um 10 Uhr
17.12.25 um 9 Uhr
Weiter geht es dann wieder ab dem 6. Januar 2026 um 10 Uhr.
Daniela bedankt sich noch einmal bei allen Freund*innen und Genoss*innen, die an ihrem Geburtstag (5.11.2025) in Verden auf der Kundgebung und Demo sowie im Gerichtssaal waren. Sie hat sich riesig über die solidarischen Geburtstagsaktionen gefreut und war so richtig ergriffen. Dies trifft auch auf alle Teilnehmer*innen zu, die am 8.11.2025 auf der Demo und Kundgebung in Vechta waren. Leider hat sie von der Kundgebung am Knast nichts mitbekommen, sollte nichts mitbekommen. Denn sie wurde während dieser Zeit in ihrer Zelle eingeschlossen.
Jetzt kommt hier ein Artikel unter Nr. 1, der am 14.11.25 in der jungen Welt abgedruckt werden sollte. Es war so abgesprochen. Dann aber erschien er doch nicht. Unter Nr. 2 und Nr.3 werden hier jeweils auszugsweise zwei weitere Artikel, die die junge Welt ebenfalls nicht abgedruckt hat, veröffentlicht. Schon seit Monaten werden fast keine Artikel mehr zum Prozess abgedruckt. Ariane beobachtet den Prozess u.a. für die junge Welt seit dem Beginn am 25 März 2025. Sie hat der jW vorgeschlagen, nach dem letzten Prozesstag in 2025 eine Themenseite zum Prozess zu schreiben. Die jW hat jetzt abgelehnt mit der Begründung, die Zeitung berichtet laufend über den Prozess! Unter Nr.5 wird auf eine Veranstaltung am 30.11.25 in Düsseldorf hingewiesen. Unter Nr.6 veröffentlichen wir einen Aufruf der Roten Hilfe Stuttgart zu Ulm5.
Am 12. November 2025, dem 41. Verhandlungstag im Prozess gegen das vermeintliche Ex-Mitglied der in 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) Daniela Klette in einer ehemaligen Reithalle in Verden-Eitze statt, die für 3,6 Millionen Euro für die Dauer des Prozesses zu einem Gerichtssaal umgebaut wurde, gab es eine überraschende Wende. Das Verfahren gegen Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen im Zeitraum von 1999 bis 2016 wird vom Landgericht Verden durchgeführt. Der 14. Anklagepunkt, der Mordversuch ist von der Richterkammer im Juli 2025 durch einen rechtlichen Hinweis vom Tisch.
Die Staatsanwaltschaft Verden beantragte, dass weitere 5 Anklagepunkte, die Überfälle Auf Geschäfte und Supermärkte in Löhne 2011, Celle 2011, Stade 2012, Elmshorn 2014 und Northeim 2015 nicht weiter Gegenstand im laufenden Verfahren sein sollen. Ursache dürfte wohl sein, dass sich mehrere, oft betagte und kranke Zeugen oftmals an die Geschehnisse nicht mehr erinnern können. Dies hatte sich immer wieder im Laufe des Prozesses bei den Zeugenbefragungen zu den einzelnen Anklagepunkten gezeigt. Die Zeugen konnten sich nach den vielen Jahren nicht mehr so richtig erinnern. Kein Wunder nach so vielen Jahren. Auch sind Zeugen unter anderem von Gesprächen mit anderen Zeugen, von sozialen Medien sowie von Berichten in Zeitungen, Fernsehen und im Internet beeinflusst worden. Sie hätten Beschreibungen etwa zum Aussehen als Erinnerungen angegeben, die in Wirklichkeit keine eigenen Erinnerungen waren.
Ausgangspunkt war ein nicht öffentliches Gespräch fast aller unmittelbaren Prozessbeteiligten (die Richter, die Verteidiger, die Anwälte der Nebenklage und die Staatsanwältin) auf Initiative der Richterkammer am 5.11.2025 nach dem Ende des Prozesstages. Ein weiterer Anklagepunkt, der Überfall in Osnabrück 2015 wolle die Staatsanwaltschaft dagegen weiter verhandelt wissen. Dieser letzte Anklagepunkt soll im Januar 2026 in den Prozess eingeführt werden. Der Vorsitzende Richter Engelke hatte die Staatsanwältin Marquardt im Prozesstag am 11.11.2025 gebeten, umgehend diesen Antrag zu stellen. Da die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen Klette erhoben hat, muss die Staatsanwaltschaft so einen Antrag stellen. und die Richter entscheiden dann darüber. Die Richter werden vermutlich am nächsten Verhandlungstag am 18. November 2025 ihre Entscheidung bekannt geben. Es ist nur noch ein formaler Akt.
Dann dürfte wohl auch der Prozess wider Erwarten im Frühjahr 2026 zu Ende gehen. Erst vor kurzem hatte Engelke weitere Prozesstermine bis Ende September 2026 festgelegt. Auch für Oktober 2026 gab es schon eine grobe Terminplanung. Der Prozess begann am 25. März 2025.
Undine Weyers, Ulrich Klinggraeff und Lukas Theune, die Anwälte von Klette, kritisierten mehrmals, die Einlasskontrollen der Anwält*innen und beklagten so das Misstrauen gegenüber ihnen. Es sind zwei Eingänge in den Verhandlungssaal vorhanden. Der hintere Eingang ist für die Zuschauer und Presseleute vorgesehen, während der vordere für die unmittelbaren Prozessbeteiligten vorgesehen ist. Anfangs konnten die Verteidiger diesen Eingang benutzen, dort wurden ihre Aktentaschen nicht durchleuchtet (vor diesem Bereich ist ein entsprechend großes Hinweistransparent angebracht worden, in dem ganz klar zu lesen ist, dass dieser Eingang auch für die Anwälte ist). Doch seit Monaten zwangen die Justizbeamt*innen die Verteidiger, den hinteren Eingang zu benutzen, wo ihre Aktentaschen durchleuchtet werden. Mitte Oktober hat nun endlich der Vorsitzende Richter festgelegt, dass nun die Anwälte auch wieder den vorderen Eingang benutzen dürfen. Betreten die Anwälte den hinteren Eingang werden auch dort ihre Aktentaschen nicht mehr durchleuchtet.
Nr. 2)
(…) Am 5. November 2025 hatte Daniela Geburtstag. Sie wurde 67 Jahre alt. An diesem Tag fand auch der 39. Prozesstag statt.
Kurz vor Beginn der Verhandlung am 5.11.2025 wurde das Geburtstagslied Happy Birthday von den gut 30 Zuschauer*innen gesungen, als Daniela in den Gerichtssaal geführt wurde. Sie war sichtlich berührt und freute sich sehr über das Geburtstagsständchen. Schon frühmorgens um 8 Uhr gab es auf dem Verdener Bahnhofvorplatz eine Kundgebung anlässlich ihres Geburtstages. Anschließend bewegte sich ein Demozug mit ungefähr 40 Menschen zum fast 4 Kilometer entfernten Gerichtssaal in Verden-Eitze. Zahlreiche Transparente wurden mitgeführt und etliche Parolen wie „Solidarität und Freiheit für Daniela“ gerufen. Gegen Ende des heutigen Prozesstages gab es eine weitere Geburtstagüberraschung für Daniela. Blitzschnell standen alle Besucher*innen auf und 11 Besucher*innen zogen ihre Jacken aus und stellten sich in eine Reihe an die Glasfront, die den Zuschauerraum von dem Verhandlungssaal trennt. Alle hatten ein T-Shirt waren mit Blumen und jeweils mit einem Buchstaben bedruckt, welches das Wort Solidarität ergab. Daniela bedankte sich herzlichst auch für diese Aktion. Sie winkte zurück und lächelte herzlichst. Weitere Zuschauer*innen hatten ebenfalls individuell gemalte Geburtstags-T-Shirts an. Nach Beendigung des Prozesstages versammelten sich noch 30 Freund*innen am Haupteingang, um Daniela beim Rücktransport in die 85 Kilometer entfernte JVA Vechta durch Winken zu verabschieden. Während der Dauer der Verhandlung war in der Nähe des Einganges des Gerichtsortes eine weitere Kundgebung angemeldet (…).
Nr.3)
(…) Anlässlich ihres Geburtstages gab es am 8. November 2025 in Vechta eine weitere Solidaritätsaktion mit fast 30 Menschen für Daniela. Die Demo ging vom Bahnhof aus einmal rund um die JVA Vechta für Frauen, in der sie seit Ende Februar 2024 inhaftiert ist. Es gab auf dem Weg dahin in der Innenstadt eine Zwischenkundgebung und vor dem Knast dann eine weitere Kundgebung. Daniela selbst konnte und sollte von der Kundgebung und Demo vor der JVA nichts mitbekommen. Auf Anordnung der Knastleitung wurde Daniela während dieser Zeit in ihrer Zelle eingeschlossen (…).
Nr.4)
Veranstaltung in Düsseldorf
30. November 2025 um 19 Uhr im Linken Zentrum
Ein ganz normaler Prozess?
Gruppe: Rote Hilfe | Podiumsdiskussion zum Prozess gegen Daniela Klette
Seit März 2025 läuft der Prozess gegen Daniela Klette, der vorgeworfen wird, Raubüberfälle auf Geldtransporter verübt zu haben. Eine etwaige Mitgliedschaft Danielas in der RAF gilt als verjährt, weswegen der Vorsitzende Richter betont, es ginge um ein ganz normales, unpolitisches Verfahren. Nicht normal sind aber die absurden Sicherheitsvorkehrungen im Prozess, die einschüchternden Zeug*innenvorladungen und Beugehaftandrohungen, mit denen alle konfrontiert werden, die Daniela besuchen wollen, und so vieles mehr. Die RAF, die im Prozess angeblich nicht vorkommen soll, ist als Schreckgespenst der BRD immer noch präsent. Deshalb wollen auch wir sprechen – über den Prozess und die Repression, über Solidarität und Widerstand.
Berthold Fresenius ist Fachanwalt für Strafrecht in Frankfurt am Main. Seit vielen Jahren verteidigt er auch politisch aktive Angeklagte und beobachtet jetzt den Prozess gegen Daniela.
Ariane Müller ist Journalistin und beteiligt sich an der Solidaritätsarbeit mit Daniela. Infolgedessen wurde sie vom BKA vorgeladen, erhielt Besuchsverbot und verlor auch ihren Arbeitsplatz.
Hanna Poddig ist Autorin und in verschiedenen sozialen Kämpfen aktiv, u.a. gegen Repression. Sie beteiligte sich Anfang diesen Jahres an der Debatte zur RAF im Neuen Deutschland.
Lutz Taufer war Teil des RAF-Kommandos Holger Meins und saß zwanzig Jahre im Gefängnis. Nach seiner Entlassung wurde er im Weltfriedensdienst aktiv und veröffentlichte 2017 eine Autobiographie.
Das Linke Zentrum ist offen ab 18 Uhr. Die Podiumsdiskussion beginnt pünktlich um 19:00 Uhr.
Die Veranstaltung wird von der Buchhandlung Bibabuze unterstützt. Es wird einen Büchertisch mit thematisch passender Literatur geben.
Nach einer militanten Aktion gegen den Rüstungskonzern Elbit in Ulm anfang September sitzen fünf Aktivist*innen in U-Haft. Neben Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung wird ihnen auch die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Die Inhaftierung der fünf Aktivist*innen ist ein weiterer, bitterer Höhepunkt der Kriminalisierung von Palästinasolidarität. Zumal Daniel, Leandra, Vi, Walt und Zo auf unterschiedliche Knäste im gesamten Südwesten verteilt wurden und dort diversen Schikanen ausgesetzt sind. Zeigen wir den Genoss*innen, dass Sie nicht alleine sind. Schreibt Briefe, beteiligt Euch an Solidaritätsaktionen!
Die Rote Hilfe OG Stuttgart leitet die Briefe an die Gefangenen weiter:
Name der Gefangenen (Daniel (they/keine, en), Leandra (she/her, en/es), Vi (they/keine, de/en), Walt (they/keine, en) & Zo (they/keine, en) Rote Hilfe e.V. Böblinger Straße 105 70199 Stuttgart
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
hier die weiteren Prozesstermine (in der Regel am Dienstag und am Mittwoch) bis Ende des Jahres:
9.10.25 (ein Donnerstag!) um 10 Uhr 14.10.25 um 10 Uhr 15.10.25 um 9 Uhr 4.11.25 um 10 Uhr 5.11.25 um 10 Uhr (es könnte aber sein, dass der Prozesstag doch schon 9 Uhr anfängt) 11.11.25 um 10 Uhr 12.11.25 um 9 Uhr 18.11.25 um 10 Uhr 25.11.25 um 10 Uhr 26.11.25 um 9 Uhr 2.12.25 um 10 Uhr 3.12.25 um 9 Uhr 9.12.25 um 10 Uhr 10.12.25 um 9 Uhr 16.12.25 um 10 Uhr 17.12.25 um 9 Uhr (dies ist dann der 50. Prozesstag)
Prozessort: Weitzmühlener Straße 48/50 in Verden Eitze. Vom Bahnhof Verden/Aller fährt stündlich (8.30 / 9.30 Uhr und so weiter) der Bus 701, Richtung Neddenaverbergen, Haltestelle Am Gohbach, Fahrzeit vom Bahnhof bis zur Haltestelle gute 10 Minuten.
Am 5. November hat Daniela Geburtstag. An diesem Mittwoch ist auch Prozesstag um 9 Uhr. Wir wollen daher am 5.11. um 8 Uhr eine Auftaktkundgebung in Verden und dann anschließend eine Demo zum Prozessort machen. Für die Menschen, die nicht so gut bei Fuß sind, müssten dann nach der Kundgebung mit dem Bus 701 zur Reithalle fahren. Wir werden auch vor Ort für die Dauer des Prozesstages eine weitere Kundgebung anmelden.
Am Samstag, d. 8.11.2025 gibt es die nächste Kundgebung vor dem Knast Vechta mit Demo.
Im nächsten Info, nach dem 11. Oktober, gibt es weitere Informationen zum 5. und 8. November.
Infoveranstaltung zum Stand des Verfahrens gegen die ehemalige (vermeintliche) ex-RAF (Rote Armee Fraktion) Angeklagte Berlinerin Daniela Klette Daniela Klette war nach Auflösung der RAF noch 27 Jahre zusammen mit ihren Genossen Volker Staub und Burkhard Garweg im Untergrund, also insgesamt über 30 Jahre. Vor 1,5 Jahren wurde sie in Berlin verhaftet, nach ihren Genossen wird weiter gefahndet. Der Inhaftierung ging eine Hetzkampagne und KI-gestützte Fahndung voraus, die ihre Fortsetzung in extremen Haftbedingungen, Terror gegen Besucher*innen, Beugehaftandrohungen und weiterer politisch gewollter Verfolgung findet. Die freie Journalistin und Aktivistin Ariane Müller, selbst von Repression betroffen, wird uns über den Stand des Prozesses berichten und einordnen, um im Anschluss gemeinsam darüber zu diskutieren. „Das Vorhaben, das hier als ganz normales Strafverfahren zu behandeln, war von Anfang an verloren. Niemand glaubt daran. Weder die, die mir viele Jahre Knast wünschen, weil ich – wie viele andere auch – immer noch den Kapitalismus und Patriarchat als menschenverachtend, lebensfeindlich und naturzerstörend ablehne, noch die, die sich für mich und uns interessieren oder sich sogar in Solidarität mit uns verbunden fühlen. […] Ich bin mir meiner Lage durchaus bewusst. Dieser Prozess wird mit politischem Kalkül geführt, trotz gegenteiliger Behauptungen. Was soll ich hier also erwarten?“, aus der Prozesserklärung von Daniela Klette, (siehe jW. vom 27.03.25)
Veranstaltung am 21.10.2025 in Wuppertal
Solidarität mit Daniela Klette!
19 Uhr, Marienstr. 52
Zum Stand des Verfahrens gegen die ehemalige (vermeintliche) ex-RAF (Rote Armee Fraktion) Angeklagte Berlinerin Daniela Klette, die angeblich mit Burkhard Garweg und Volker Staub mehrere Geldbeschaffungsaktionen gemacht haben soll, wo das Gericht bisher aber keine Beweise dafür hat und zum Stand des Verfahrens gegen Ariane die, wie viele andere, vom BKA/BAW (Bundeskriminalamt/Bundesanwaltschaft) gezwungen werden soll Aussagen gegen angebliche und ehemalige Angehörige der RAF & sich selber zu machen. Das hat sie aber verweigert und nun droht Ihr deswegen „Beugehaft“.
Seit Ende März 2025 findet der Prozess gegen Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ein vermeintliches ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, vor dem Landgericht Verden statt. Die ersten Prozesstage fanden in Celle statt, weil das Gebäude des Landgerichts in Verden nach Behördensicht angeblich nicht sicher ist. Aus diesem Grund wurde eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstraße 48/50 zu einer Gerichtshalle, regelrecht zu einer „Festung“ umgebaut und für rund 3,6 Millionen aus Steuergeldern angemietet. Seit Ende Mai 2025 findet nun der Prozess in der Regel am Dienstag und Mittwoch dort statt.
Daniela Klette wurde seit über 30 Jahren wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der RAF (inzwischen verjährt) und wegen 2 Aktionen, zu der sich die RAF damals bekannte, gesucht. Sie wurde Ende Februar 2024 in Berlin verhaftet und ist in der niedersächsischen Stadt Vechta inhaftiert. In dem jetzigen Prozess werden ihr vorgeworfen, an 13 Überfällen auf Geldtransporter und Kassenbüros von Einkaufszentren beteiligt gewesen zu sein. Der 14. und schwerste Anklagepunkt, der Mordversuch beim Überfall in Stuhr, ist inzwischen vom Tisch.
Die Aussagen der Zeug*innen in den ersten Prozessmonaten sprechen dagegen, dass Daniela Klette überhaupt an den Tatorten gewesen ist. Keine(r) hat Daniela Klette erkannt. Bisher sind über fünf Anklagepunkte verhandelt worden: Stuhr, Cremlingen, Duisburg, Hildesheim und Wolfsburg.
In den ersten sieben Wochen war Daniela in Einzelisolation, ihre Zelle wurde rund um die Uhr videoüberwacht, durch eine angebrachte Metallblende drang kein Tageslicht in die Zelle, sie hatte keinen Kontakt Zu anderen Gefangenen und den Hofgang musste sie frühmorgens alleine machen. Ihre Rechtsanwälte und wir haben diese unmenschliche Isolationshaft öffentlich kritisiert.
Wir, die Gruppe “solidarisch mit Daniela” empfinden diese Art der Prozessführung, den Umgang vieler Medien damit und die teure staatliche Symbolpolitik mit völlig überzogenen Fahndungsmaßnahmen und hoher Polizeipräsenz an einzelnen Prozesstagen absurd. Wir wollen stattdessen eine andere, menschlichere Gesellschaft, in die Menschen keine andere Menschen unterdrücken und ausbeuten. Wir hassen Ungerechtigkeiten. Die jetzige kapitalistische Gesellschaft stellen wir in Frage, weil alleine in Deutschland die reichsten 10% über 67% des Vermögens besitzen, während wir uns als ärmere Hälfte der Bevölkerung 1% Vermögen teilen. Ein Bruchteil der Menschheit „lebt“ auf Kosten der übrigen Mehrheit. Wir haben uns zusammengefunden, weil wir die Wut und gleichzeitig die Hoffnung auf ein besseres Leben für alle Menschen mit Daniela Klette teilen. Wir sind in diesem Zusammenhang mit ihr solidarisch gegen einen staatlichen und medialen Umgang, der wie eine Hetzjagd wirkt, auf alle, die dieses System in Frage stellen.
Stammheim an der Aller Im Prozess gegen Daniela Klette in Verden-Eitze trügen die Erinnerungen von Zeugen
Niels Seibert, nd vom 1.10.2025
Es ist pervers. Mindestens 3,6 Millionen Euro Miete werden dem Eigentümer einer Reithalle gezahlt – für ein temporäres Denkmal, das sich die niedersächsische Justiz in Eitze bauen ließ.
Eitze hat etwa 1500 Einwohner*innen und ist seit gut 50 Jahren ein Stadtteil von Verden an der Aller. Seit Ende Mai 2025 gelten hier dienstags und mittwochs besondere Verkehrsregeln mit unübersehbaren Parkverbotszonen. An diesen beiden Wochentagen findet der Strafprozess gegen Daniela Klette statt, die der Roten Armee Fraktion (RAF) angehört haben soll und im Frühjahr 2024 in Berlin-Kreuzberg verhaftet wurde.
Das vier Hektar große Areal der hier ansässigen Außenstelle des Landgerichts Verden gleicht einer Festung. Vermummte Polizisten halten Maschinenpistolen an ihrem Oberkörper und stehen vor einem Nato-Stacheldrahtzaun, der das Gelände umgibt. Unmittelbar dahinter ist ein Kinderspielplatz. Einige Schritte weiter öffnet sich den Besucher*innen der Blick auf die Reithalle, die zu einem bombastischen Gerichtssaal umgebaut wurde. Dieser erinnert an die Mehrzweckhalle in Stuttgart-Stammheim, wo von Mitte der 1970er bis in die 2010er Jahre Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der RAF stattgefunden haben und die sich seit 2023 im Rückbau befindet, um dort ein Haftkrankenhaus zu bauen. Einen Unterschied zu Stammheim gibt es allerdings: Damals war der Presse- und Zuschauerbereich nicht durch eine Glaswand vom übrigen Prozesssaal räumlich und akustisch abgetrennt, wie es heute in Verden der Fall ist.
Tatsächlich sind die hiesigen Sicherheitsmaßnahmen gegenwärtig beispiellos. Die 66-jährige Daniela Klette scheint für die Justiz gefährlicher als frühere Angeklagte einer aktiven Stadtguerilla der 1970er und 1980er, bevor die Militanten der RAF 1992 erklärten, »Angriffe auf führende Repräsentanten aus Wirtschaft und Staat« einzustellen und schließlich 1998 ihr Projekt gemeinsam beendeten.
Selbst die Lokalpresse spricht von »Aberwitz«. Die Szenerie, die sich in Eitze den Zuschauer*innen bietet, bezeichnet der »Weser-Kurier« als »gespenstisch«. Der Prozess habe »absurde Züge angenommen«.
Die öffentliche Botschaft dieser Inszenierung ist jedoch klar: Hier wird einer höchst gefährlichen Terroristin der Prozess gemacht. Eine Bewertung ist damit schon vorgegeben, da können der Vorsitzende Richter Lars Engelke und die Staatsanwältin Annette Marquardt noch so oft betonen, dass es sich um ein ganz normales, völlig unpolitisches Verfahren handle.
Daniela Klette ist wegen eines Dutzends Raubüberfällen auf Supermarktkassen und Geldtransporter angeklagt, die sie vor neun bis 25 Jahren mit zwei Gefährten unternommen haben soll. Anders als bei bewaffneten Geldräubern, wurde sie von der Staatsanwaltschaft zusätzlich auch wegen versuchten Mords angeklagt. Auch wenn der Mordvorwurf inzwischen vom Tisch ist, unterstellt das fünfköpfige Gericht noch immer eine Tötungsabsicht. Das zeigt, wie realitätsfern dessen Einschätzungen über Linke sind. Diese würden, um an Geld zu gelangen, nicht den Verlust von Menschenleben einplanen. Und als eine aufrechte Linke hat sich Daniela Klette im laufenden Verfahren und mit öffentlichen Stellungnahmen wiederholt ausgezeichnet.
An einem Vormittag im September schaut sogar der Eigentümer der Reithalle vorbei.
34 Prozesstage sind seit Verhandlungsbeginn im März vergangen. Zuletzt wurden zwei bis drei Zeugen pro Tag gehört und über ihre lange zurückliegenden Beobachtungen befragt. Ihre Aussagen haben sich merklich den Informationen aus der öffentlichen Fahndung angepasst. Inzwischen sprechen viele von drei Täter*innen und können ihnen sogar Geschlechter zuordnen: Von »zwei Männern und einer Frau« erzählt beispielsweise eine Zeugin, die bei der polizeilichen Vernehmung am Tattag 2016 noch zu Protokoll gegeben hat: »Ich habe eindeutig erkennen können, dass vier Personen im Auto sitzen, zwei vorne, zwei hinten.« Das Auto sei rappelvoll mit Menschen gewesen. Bis Jahresende sind noch etwa 16 Prozesstage terminiert, voraussichtlich wird die Verhandlung bis ins kommende Jahr dauern.
Seit über sechs Monaten läuft nun der Prozess ohne Vorkommnisse, die die existierenden Sicherheitsvorkehrungen rechtfertigen würden. Diese wirken so maßlos überdimensioniert, auch weil an den Verhandlungstagen nur drei bis zehn Besucher*innen anwesend sind. Darunter befinden sich Linke, die der Angeklagten freundlich zuwinken, und oft auch Menschen aus der Region, die sich den Prozess einmal ansehen wollen. An einem Mittwochvormittag im September schaut sogar der wohlhabende Eigentümer der Reithalle mit weiblicher Begleitung vorbei – und unterliegt dabei nicht der üblichen scharfen Kontrolle. Anders als Zuhörer*innen und Pressevertreter*innen wird das Paar nach einer Pause mit Toilettengang nicht durchleuchtet und abgetastet, sondern durchgewunken. Über das Vorgehen bei den Einlasskontrollen entscheidet das Gericht. Letztlich deutet auch die Ungleichbehandlung der Prozessbesucher*innen darauf hin, dass Daniela Klette in diesem politischen Prozess kein faires Verfahren zu erwarten hat.
Daniela Klette vor Gericht: Wie einst für Stammheim
Weil sie in den neunziger Jahren der Rote-Armee-Fraktion angehört haben soll, wurde für den Prozess gegen Daniela Klette in Niedersachsen ein Hochsicherheitsgericht gebaut. Derweil bringt der Ermittlungsdrang die deutsche Polizei bis nach Basel.
Von Merièm Strupler, Verden
«Wir kannten Daniela von früher und wussten, wie oft sie sich gegen solche unmenschlichen Haftbedingungen eingesetzt hatte.» Rolf Brugger (Name geändert)
Da ist Rolf Brugger, in Funktionsjacke und mit munterem Blick wartet er vor der Basler Staatsanwaltschaft auf seine Anwältin. Ein regnerischer Nachmittag Ende August. Gleich werden ihn zwei Schweizer Bundespolizisten als Zeugen befragen. Mit im Raum: zwei Beamte vom deutschen Bundeskriminalamt (BKA). Brugger ist 74 Jahre alt. In seinem Rucksack liegt ein mobiles Sauerstoffgerät, auf das er aus gesundheitlichen Gründen angewiesen ist.
Da ist die Verhaftung in Berlin-Kreuzberg, achtzehn Monate zuvor, im Februar 2024: Vier Polizisten klingelten an der Wohnungstür von Daniela Klette. Seit 1993 hatten die deutschen Behörden nach ihr gefahndet – wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der Rote-Armee-Fraktion (RAF). Damals war Daniela Klette 34 Jahre alt, heute ist sie 66. Eine RAF-Mitgliedschaft wäre mittlerweile verjährt. Doch wie Daniela Behrens, 57 Jahre alt, niedersächsische Innenministerin, nach der Verhaftung klarstellte: «Wir vergessen nicht.» Der deutsche Staat vergisst nicht.
Auch Rolf Brugger in Basel hat Daniela Klette nicht vergessen. Als junge Frau war diese in der damaligen Antikriegsbewegung aktiv, demonstrierte gegen den Nato-Doppelbeschluss. Als Brugger erfährt, dass die Festgenommene in Isolationshaft sitzt, rund um die Uhr per Video überwacht, ihr der Zugang zu sämtlichen Medien, ja selbst zu einem Kugelschreiber verwehrt wird, beschließt er, dass er sehen will, wie es ihr geht – er stellt einen Besuchsantrag: «Ich wollte nicht, dass sie allein eingemacht wird.» Aufgrund seiner chronischen Erkrankung traut sich Brugger die Reise nach Niedersachsen nicht alleine zu. Im Juni 2024 besucht er, zusammen mit einer Freundin, Daniela Klette im Frauengefängnis Vechta.
«Gleich im Anschluss an den Besuch wurden wir von BKA-Beamten unter Druck gesetzt», schildert der 74-Jährige. «Wir sollten direkt vor Ort Zeugenaussagen machen.» Es stehe gar ein Arzt bereit, falls es zu «Problemen» kommen würde. Für Brugger, auch mit Blick auf seine Gesundheit, eine Drohkulisse. «Wir bestanden darauf zu gehen.» Zu Hause reicht er eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Ein paar Monate später ersucht die deutsche Generalbundesanwaltschaft die Schweiz um Rechtshilfe – auf die versuchte Einvernahme ohne amtliche Vorladung folgt nun eine offizielle Ladung in der Schweiz. «Ich soll zu Anschlägen befragt werden, die 35 Jahre zurückliegen», sagt Brunner, «und zu denen ich noch nie zuvor als Zeuge aufgeboten worden bin.»
«Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.», automatische Durchsage im Gericht
Da ist der Prozess, der vor einem halben Jahr in der niedersächsischen Kleinstadt Celle begonnen hat und mittlerweile nach Verden-Eitze umgezogen ist, mit dem Vorsitzenden Richter Lars Engelke, Ende vierzig, in schwarzer Robe (siehe WOZ Nr. 22/25). An Prozesstag Nummer 27, Mitte September, ist er von seiner Richterbank aufgestanden: Er trägt blaue Plastikhandschuhe, in seiner Hand liegt eine Panzerfaustattrappe. Er hält sie sich an die Schulter und sagt etwas für Presse und Publikum Unverständliches. Lustig muss es gewesen sein, denn aus der Runde in schwarzen Roben, die ihn umringt, dringt Gelächter. Drei Nebenklagevertreter, Beirichter:innen, zwei Staatsanwältinnen. Die Verteidiger:innen der Angeklagten aus Berlin.
Und dann sitzt da Daniela Klette, die grauweißen Haare wie immer zum Dutt gebunden, mit Turnschuhen, Sportbeutel und Wasserflasche ausgerüstet. Sie beobachtet aus der Distanz die illustre Runde der Roben bei der Beweismittelsichtung.
«Dieses ‹vielleicht letzte juristische Gefecht› zwischen RAF und BRD ist eine Fiktion für die Geschichtsbücher der herrschenden Klasse und eine Adresse an alle, die sich dem Vernichtungsfeldzug des Kapitals gegen das Leben entgegenstellen.» , Stephanie Bart in «analyse & kritik», 15. April 2025 Es sind die beiden getrennten Verfahren, die sich so richtig nicht trennen lassen wollen. Zum einen ermittelt die erwähnte Bundesanwaltschaft gegen Klette: wegen dreier Anschläge, zu denen sich die RAF in den neunziger Jahren bekannt hatte. Zum anderen ist da jener Prozess, den aktuell das Landgericht Verden führt. Ein Prozess, der von Beginn an mit seiner eigenen politischen Dimension ringt, der «kein Terrorismusprozess» (Engelke) sei, dem es «einmal mehr um die Aburteilung der RAF» (Klette) gehe. Die Anklageschrift befasst sich mit Raubüberfällen auf Supermärkte und Geldtransporter zwischen 1999 und 2016, an denen Daniela Klette beteiligt gewesen sein soll. Sowie mit unerlaubtem Waffenbesitz – und: besagter Panzerfaustattrappe. Mit dem Erlös aus den Überfällen soll Klette ihr Leben im Untergrund bestritten haben; gemeinsam mit Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub, «gesondert verfolgt», weiterhin untergetaucht und ebenfalls mutmaßlich Teil der dritten Generation der RAF.
«Es gäbe ja tausend Ideen, wo Geld statt für solch einen irrationalen Komplex äußerst willkommen wäre: Schulgebäude, Kitas, Schwimmbäder, Krankenhäuser, Klima- und Umweltschutz, Frauenhäuser, würdige Lebensbedingungen für Geflüchtete … Ich war schon auf einiges gefasst, aber diese Dimensionen habe ich mir nicht vorstellen können. Welche Wahnsinnigen haben das zu verantworten?», Daniela Klette, Prozesstag Nummer 10
Da ist die ganz eigene Kulisse dieses Prozesses. Der Gerichtssaal, eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze, die «aus Platz- und Sicherheitsgründen» für rund 3,6 Millionen Euro umgebaut wurde – um dreizehn Überfälle in der niedersächsischen Provinz zu verhandeln, bei denen insgesamt 2,7 Millionen Euro gestohlen wurden. Nun sperrt Nato-Stacheldraht die Hochsicherheitsreithalle von den umliegenden Pferdekoppeln, dem Longierzirkel und dem Kinderspielplatz ab. Einmal in der Stunde fährt hier ein Bus. Eine ehemalige Reithalle, das passt zu Verden, der «Reiterstadt», wie sich das Städtchen nennt, wegen seiner Pferdezucht, dem Pferdesport. Noch bis Mitte November stellt das örtliche Pferdemuseum die Werke von Hartmut Hellner aus, einem der «renommiertesten Künstler im Genre internationaler Pferdemalerei» («Weser Kurier»).
Und schließlich ist da diese Parallele, die offenbar keine sein sollte: Stammheim. Für den ersten großen RAF-Prozess vor fünfzig Jahren – als 1975 bis 1977 Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe und Andreas Baader vor Gericht standen – war vorab «aus Sicherheitsgründen» extra ein «fensterloses Mehrzweckgebäude» gebaut worden. Für zwölf Millionen Deutsche Mark. 2023 wurde der Sondergerichtssaal abgerissen.
An den Prozesstagen Nummer 27 und 28 in Verden-Eitze sind von den Plätzen für die Presse gerade mal 6 von 55 besetzt. Mittlerweile verhandelt das Gericht – nach Stuhr 2015, Cremlingen 2016 und Duisburg 1999 – den versuchten Überfall in Wolfsburg zwischen Weihnachten und Neujahr 2015. Kurz scheinen in der Reithalle die Lebensrealitäten der beiden Geldtransporterfahrer, in Jeans und T-Shirt, auf. Es sind beklemmende Befragungen. Beide Zeugen schildern die Dienstanordnung, die den einen Fahrer anwies, im Moment des Überfalls mit dem Transporter wegzufahren – um das Geld zu sichern. Sein Kollege blieb draussen mit den maskierten Personen zurück. Eine betriebsinterne Nachbereitung des Erlebten habe es nicht gegeben, sagen beide.
«Diese Kontrollen sind nichts anderes als ein Misstrauensvotum gegen die Verteidigung.», Ulrich von Klinggräff, Verteidiger, Prozesstag Nummer 28
Derweil sind da die kleinen Errungenschaften der Verteidigung, dreiköpfig, in schwarzen Roben: die aufgehobene Isolationshaft; die schwere Bleiweste, die Daniela Klette während der Transportfahrten nicht mehr tragen muss. Unter der Voraussetzung, dass sie es nicht mit anderen Gefangenen teilt, darf die 66-Jährige im Gefängnis zudem bald auf Durchschlagpapier schreiben – eine analoge Drucktechnik, patentiert um 1806. Vor allem aber kippte das Gericht im Juli, just vor der Sommerpause, den schwersten Vorwurf: den «versuchten Mord», den Staatsanwältin Annette Marquardt wegen der Schüsse, die bei zwei Überfällen gefallen waren, eingeklagt hatte.
Und manchmal ist das juristische Gefecht auch eines in eigener Sache, so wie an jenem Morgen, als Klettes Verteidiger:innen ihren Unmut über die Taschenkontrollen beim Einlass in die Reithalle kundtun – denen sie sich, im Gegensatz zu Staatsanwältin Marquardt, unterziehen müssen.
«Wir unterbrechen die Hauptverhandlung bis 14 Uhr. Frau Müller, ich komme gleich noch zu Ihnen …», Richter Lars Engelke, Prozesstag Nummer 27
Und schließlich sitzt da Ariane Müller, grauer Pony, Gerichtsreporterin für die «Junge Welt». Richter Engelke hat schon die Mittagspause einberufen, als er zur Tür in der gläsernen Trennwand eilt, hinter der Presse und Publikum sitzen. Das Landgericht würde ihrem Antrag, Daniela Klette zu besuchen, nicht im Weg stehen, versichert er Müller.
Dagegen spricht sich indes die Bundesanwaltschaft aus, die im Übrigen die siebzigjährige Reporterin als Zeugin vorgeladen hat. Es sind die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, im Zuge derer etliche ältere Menschen als Zeug:innen aufgeboten werden. Neben Ariane Müller in Verden und Rolf Brunner in Basel auch Jürgen Schneider, ein 72-jähriger Autor. Er hatte Daniela Klette einen Brief ins Gefängnis geschickt. Daraufhin erreichte auch ihn ein Brief, wie er in der Zeitung «nd» publik machte – vom BKA. Schneider lebt mit einer koronaren Herzerkrankung, psychosoziale Belastungen können für ihn ein erhöhtes Herzinfarktrisiko bedeuten.
Ariane Müller hatte ihre Vorladung Mitte August in Berlin: «Was haben Sie die letzten fünfzig Jahre politisch alles gemacht?», sei ihre Mandantin direkt zu Beginn gefragt worden, erklärt Silke Studzinsky, Müllers Anwältin. Was denn das mit dem Verfahren zu tun habe, habe sie zurückgefragt. «Bei Aussagen zu Geschehnissen vor über dreißig Jahren besteht immer die Gefahr, dass Erinnerungen nicht korrekt sind», sagt Constanze Seelmann, Rolf Brunners Anwältin, in Basel. Sie hat an jenem verregneten Nachmittag den Beamten ein Schreiben übergeben, das ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend macht. Die Vorladung erwecke zudem den Eindruck einer «fishing expedition» – einer unzulässigen Beweisausforschung auf gut Glück. «Aus grundrechtlicher Sicht ist das höchst problematisch», fügt Seelmann an.
Ariane Müller verwies bei der Befragung auf Paragraf 55 der deutschen Strafprozessordnung, das Recht auf Aussageverweigerung, sowie auf ihre journalistische Tätigkeit. Trotzdem drohen ihr als Zeugin nun Bussgelder – und bis zu sechs Monate Beugehaft. «Die Vorladungen sollen abschrecken, Solidarität soll im Keim erstickt werden», sagt sie. «Wer keine verwendbaren Aussagen liefern kann oder möchte, wird unter Verdacht gestellt und Haftandrohungen ausgesetzt», schreibt Jürgen Schneider im «nd». «Ich werde jede Frage», konstatiert Rolf Brunner in Basel, «wahrheitsgemäß mit meinem Schweigen beantworten!»
Ein Prinzip, das man auch an anderer Stelle kennt: «Zu Zeugenbefragungen äußern wir uns grundsätzlich nicht.», Sprecherin der Generalbundesanwaltschaft
Grußwort zur Urteilsverkündung von Hanna und der Demonstration „Antifa bleibt notwendig“ am 27.09 in Nürnberg um 12 Uhr am Veit-Stoß-Park
Ich melde mich aus dem Untergrund aufgrund des heutigen Prozessendes und Urteils gegen Hanna im ersten deutschen Gerichtsverfahren im sogenannten Budapest-Komplex.
Das heutige Urteil von 5 Jahren Haft ist für uns alle wahrscheinlich ein Wachruf. Liebe Hanna, liebe Genoss:innen und Genossen, Liebe Freund:innen und Freunde, Liebe Familie – Ich bin in Gedanken heute fest bei euch. Ich wünsche euch jede erdenkliche Kraft, einen Umgang mit diesem harten Schlag, den wir aber besonders Hanna, heute vom deutschen Staat erfahren mussten, zu finden.
Überrascht hat mich das heutige Urteil aber nicht. Es reiht sich ein in die sich kontinuierlich verschärfende Repression, mit der wir als antifaschistische und revolutionäre Bewegung seit 2017 konfrontiert sind. Sie soll dazu führen, dass wir uns noch mehr um uns selbst drehen und eine Einschüchterung hervorrufen. Sie soll uns davon abhalten, abseits des heuchlerischen bürgerlichen Gesetzesrahmen zu agieren. In den vergangenen Jahren war der Staat mit diesem Vorgehen auch erfolgreich. Das kann für uns aber nicht heißen, in eine Schockstarre zu verfallen. Weitere Jahre in Haft stehen unserer engen Genossin und Freundin, sowie einigen weiteren Antifaschist:innen noch bevor. Unsere Trauer hierüber gilt es in Wut zu wandeln und auf die Straße zu tragen! Anderes bleibt uns auch kaum übrig:
Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen begrenzen sich nicht nur auf die Repression gegen eine radikale Linke. Weltweit sind faschistische Bewegungen auf dem Vormarsch, gewinnen mehr und mehr an Einfluss und werden in immer mehr imperialistischen Staaten zur Regierungsoption. Die letzten Tage waren geprägt von der Berichterstattung über die Einstufung einer antifaschistischen Bewegung in drei Ländern als „terroristisch“ und auch in Deutschland beweisen die Schweine des Staates einen unvergleichlichen Verfolgungseifer und eine ausgeprägte Feindjustiz.
Diese Welt bewegt sich auf den Abgrund zu. Die führenden imperialistischen Staaten steuern geradewegs auf einen dritten globalen Krieg zu. Überall auf der Welt werden bereits heute Kriege geführt, im Sozialbereich gespart, um für kommende Kriege zu rüsten und die Gesellschaft auch immer weiter militarisiert. Aggression nach Außen und Repression nach Innen prägen unsere Zeit. Dabei wird der Faschismus zur Durchsetzung kapitalistischer Herrschaft immer mehr zur Option. Mehr denn je gilt es in die Geschichte zu schauen und aus ihr zu lernen. Es ist unsere Aufgabe als Antifaschist:innen und Antifaschisten den Kampf weiter zu führen und uns nicht brechen zu lassen. Unsere Vorkämpfer:innen und Vorkämpfer haben einen unglaublich schmerzhaften Kampf dafür geführt, die Welt vom deutschen Faschismus zu befreien und eine bessere Zukunft aufzubauen. Heute gilt es mehr denn je ihren Kampf weiterzuführen und jetzt umso konsequenter auf allen Ebenen der reaktionären Offensive entgegenzutreten.
Damit werden wir nur erfolgreich sein können, wenn wir eine starke Organisation mit klarer Perspektive aufbauen, die dazu in der Lage ist, auf verschiedensten Ebenen den Kampf für eine bessere Welt zu führen.
Liebe Genoss:innen, wie gerne wäre ich heute bei euch und würde meine unglaubliche Wut mit euch auf die Straße tragen. Doch auch wenn wir in unterschiedlichen Lebenssituationen sind, führen wir einen gemeinsamen Kampf. Ob in Haft, auf der Straße oder im Untergrund.
Liebe Hanna, wahrscheinlich ist die Machtlosigkeit die du heute fühlst und in der du dich befindest beschreibbar und wie gerne würde ich für dich da sein. Ich denke so geht es so vielen Menschen hier und auch wenn du heute wahrscheinlich alleine in deiner Zelle sitzt, sind unsere flammenden Herzen undurchtrennbar miteinander verbunden und du wirst auch diese Zeit durchstehen. Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels und eines Tages werden auch wir uns wieder in den Armen liegen.
Heute ist kein Tag des Verzagens, heute ist kein Tag der Trauer. Die Solidarität muss praktisch werden und das bedeutet auch die vorgeworfene Praxis weiterzuführen. Organisieren wir uns und arbeiten vereint an dem Aufbau eines neuen Sozialismus – damit sich Geschichte nicht wiederholt. Denn heute heißt es leider wieder wie bereits vor 100 Jahren: Sozialismus oder Barbarei!
Und um bei Rosa Luxemburg zu bleiben: So ist das Leben und so muss man es nehmen, tapfer, unverzagt und lächelnd – trotz alledem!
Flammende Grüße aus dem Untergrund
Und jetzt lasst uns gemeinsam anstimmen:
Eure Repressionen kriegen uns nicht klein – Wir sind auf der Straße im Widerstand vereint!
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
hier die weiteren Prozesstermine (in der Regel am Dienstag und am Mittwoch) bis Anfang Oktober:
23.9. um 10 Uhr, 24.9. um 9 Uhr, 30.9. um 10 Uhr, 1.10. um 9 Uhr, 9.10. (ein Donnerstag!) um 10 Uhr
Am 5. November hat Daniela Geburtstag. An diesem Mittwoch ist auch Prozesstag um 9 Uhr. Wir wollen daher am 5.11. um 8 Uhr eine Auftaktkundgebung in Verden und dann anschließend eine Demo zum Prozessort machen. Für die Menschen, die nicht so gut bei Fuß sind, müssten dann nach der Kundgebung mit dem Bus 701 zur Reithalle fahren. Wir werden auch vor Ort für die Dauer des Prozesstages eine weitere Kundgebung anmelden.
Am Samstag, d. 8.11.2025 gibt es die nächste Kundgebung vor dem Knast Vechta mit Demo.
In einem der nächsten Infos gibt es weitere Informationen zu 5. und 8. November.
Info- und Diskussionsveranstaltung im Ziolona Gora am Freitag, d. 19. September 2025, 19 Uhr, Grünbergerstr. 73, Berlin-Friedrichshain
Zum Stand des Verfahrens gegen die ehemalige (vermeintliche) ex-RAF (Rote Armee Fraktion) Angeklagte Berlinerin Daniela Klette, die angeblich mit Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub mehrere Geldbeschaffungsaktionen gemacht haben soll, wo das Gericht bisher aber keine Beweise dafür hat und zum Stand des Verfahrens gegen Ariane die, wie viele Andere, vom BKA/BAW (Bundeskriminalamt/Bundesanwaltschaft) gezwungen werden soll Aussagen gegen angebliche und ehemalige Angehörige der RAF & sich selber zu machen. Das hat Sie aber verweigert und nun droht Ihr deswegen „Beugehaft“.
Stuttgart: Freiheit für Daniela Klette – Veranstaltung
Daniela war nach Auflösung der RAF noch 27 Jahre zusammen mit ihren Genossen Volker und Burkhard im Untergrund, also insgesamt über 30 Jahre. Vor 1,5 Jahren wurde sie in Berlin verhaftet, nach ihren Genossen wird weiter gefahndet. Der Inhaftierung ging eine Hetzkampagne und KI-gestützte Fahndung voraus, die ihre Fortsetzung in extremen Haftbedingungen, Terror gegen Besucher*innen Beugehaftandrohungen und weiterer politisch gewollter Verfolgung findet.
Darüber wollen wir berichten, einordnen, mit euch diskutieren. Kommt zu unserer Infoveranstaltung mit Ariane Müller, die regelmäßig über den Prozess berichtet und selbst von Repression betroffen ist, sowie mit einem ihrer Anwälte.
„Niemand, der als Teil der emanzipatorischen und revolutionären Linken eingesperrt wird, wird einfach wegen angeblichen oder tatsächlichen Taten zur Gefangenschaft gezwungen. Wir sitzen alle aufgrund des staatlichen Willens, die Geschichte revolutionärer Kämpfe zu delegitimieren und zur Abschreckung der Kämpfe der Zukunft im jahrelangen Elend der Gefängnisse… In diesem Sinne ist der Justizprozess gegen mich ein Prozess gegen eine emanzipatorische, linksradikale und antikapitalistische Opposition.“ Daniela Klette Grußwort zur Rosa-Luxemburg-Konferenz Januar 2025
Samstag, 20.09.25 – 17:00 Uhr Linkes Zentrum Lilo Herrmann Böblinger Straße 105, 70199 Stuttgart
Im Anschluss gibt es Volxküche in der Kneipe des Lilos.
Für uns alle ist diese Info völlig neu.
Eine Meldung vom NDR, 15.9.2025 …..
Vor dem Landgericht Verden müssen sich ab dem 25. September drei Männer aus Brockel (Landkreis Rotenburg) und Hamburg verantworten. Laut Staatsanwaltschaft sollen sie gemeinsam 2018 geplant haben, das neue Gebäude der Staatsanwaltschaft Verden in Brand zu stecken. Damit wollten sie verhindern, dass weiter gegen die damals noch flüchtige Daniela Klette und ihre Komplizen ermittelt wird. Die Täter wurden von einer Polizeistreife entdeckt und verhaftet, bevor sie das Gebäude anzünden konnten. Die Staatsanwaltschaft wirft den 35-, 36- und 38-jährigen Angeklagten vor, dass sie mit der geplanten Tat ihre Solidarität mit den damals flüchtigen und gesuchten mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristen Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg ausdrücken wollten. Klette war im Februar 2024 in Berlin von der Staatsanwaltschaft Verden festgenommen worden. Sie muss sich seit November 2024 vor dem Landgericht Verden unter anderem wegen versuchten Mordes, unerlaubten Waffenbesitzes und 13 Überfällen verantworten.
…… und hier die Pressemitteilung des Landgerichts Verden:
Donnerstag, den 25. September 2025
Um 9:45 Uhr beginnt vor der 10. großen Strafkammer die Hauptverhandlung gegen den am Hauptverhandlungstag 35-jährigen deutschen E.S. (1990), den am Hauptverhandlungstag 36-jährigen deutschen C.S. (1989) und den am Hauptverhandlungstag 38-jährigen deutschen L.B. (1986) wegen Verabredung zu einem Verbrechen u.a. (Az. 10 KLs 14/23).
Die Staatsanwaltschaft Verden wirft den Angeklagten vor, sich gemeinschaftlich verabredet zu haben, das ehemalige „Meyer-Gebäude“ in der Straße „Am Allerufer 8“ in 27283 Verden am 05.10.2018 in Brand zu setzen als symbolischer Akt gegen die Staatsanwaltschaft Verden (Aller) wegen der Strafverfolgung gegen die damals und zum Teil heute noch flüchtigen Daniela Klette, Ernst-Volker-Staub und Burckhard Garweg. Zu diesem Zeitpunkt habe das Gebäude leer gestanden. Die Angeklagten sollen durch eine Polizeistreifenbesatzung kontrolliert und an der Tat gehindert worden sein.
Die Kammer hat folgende Termine anberaumt, zu denen bislang 11 Zeuginnen und Zeugen geladen wurden:
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
in dieser Woche ist einiges passiert. Am 24. Verhandlungstag, d. 13.8.2025 waren viele solidarische Menschen aus Frankfurt in Verden-Eitze, siehe dazu das Interview in dieser Ausgabe. Im Laufe des Prozesstages verlas Daniela eine Erklärung, die wir hier abdrucken. Gleichzeitig gab es in der Nähe des Gerichtsortes (120 Meter entfernt) eine Kundgebung (direkt vor dem Eingang dürfen wir generell keine durchführen). Einen Redebeitrag veröffentlichen wir hier, den zweiten Redebeitrag bekommen wir schriftlich in den nächsten Tagen).
Am Freitag, d. 15. 8.2025 war die zweite Vorladung durch das BKA, angeordnet von der Bundesanwaltschaft (BAW) in Karlsruhe von Ariane in Berlin. Während der Vernehmung von Ariane fand vor dem Polizeirevier eine Kundgebung statt, als auf einmal ein Mensch zwei Kisten Mineralwasser für die Kundgebungsteilnehmer*innen aus Solidarität vorbeibrachte. Ariane hat wieder ihre Aussage verweigert. Ihre Rechtsanwältin geht fest davon aus, dass Ariane diesmal Beugehaft (maximal 6 Monate) bekommt. Die Beugehaft muss ortsnah und in einem Knast des Bundeslandes, in der die betreffende Person wohnt, angetreten werden, so die Anwältin. Dies ist Vechta. Einen Termin für die zweite Vorladung von Susanne aus Hamburg steht noch nicht fest, wird sicherlich in absehbarer Zeit erfolgen. Demnächst wird eine weitere Vernehmung von R. aus Basel stattfinden. Seine Erklärung wird hier abgedruckt.
Wir möchten noch einmal auf die Kundgebung und Demo vor der JVA Vechta am nächsten Samstag, d. 23.8.2025 um 14 Uhr hinweisen. Wer einen Redebeitrag vortragen möchte, sollte sich bitte mit uns in Verbindung setzen.
Gegenvorstellung gegen den Beschluss der Kammer auf Ablehnung der Einholung eines Waffengutachtens vom 9.7.25
Wenn ich mir den Ablauf dieses Verfahrens in den letzten Monaten anschaue, stelle ich auf der einen Seite fest, dass das Gericht konziliant auftritt und um eine unaufgeregte Prozessatmosphäre bemüht ist.
Gleichzeitig stelle ich aber auch fest, dass meine Bemühungen etwas von unserer Haltung klarzustellen, völlig ignoriert werden.
Es dürfte allen, die bislang den Prozess und die Erklärungen, sowohl von mir als auch von Burkhard Garweg mitverfolgt oder die Anträge meiner Verteidigung wahrgenommen haben, deutlich geworden sein, dass es eines meiner Hauptanliegen in diesem Prozess ist, gegen den Vorwurf des Mordversuchs um an Geld für das Überleben in der Illegalität zu kommen, anzugehen.
Im Vorlauf des Prozesses und bis heute gab es Stellungnahmen um klarzustellen, dass die Tötung von Menschen zur Geldbeschaffung unserem Selbstverständnis als radikale Linke vollkommen entgegensteht. Im Gegenteil sehen wir es als notwendig an, das kapitalistische System zu überwinden, weil dieses System Geld und Profit über alles Leben stellt.
Vor der Sommerpause hat das Gericht nun seine bisherige rechtliche Einschätzung zu Stuhr abgegeben und tendiert dazu, nicht wegen Mordversuchs zu verurteilen. Viele drinnen und draußen haben sich gefreut und mir das auch geschrieben oder gesagt. Innden Medien wurde es teils als Wende im Prozess beschrieben.
Und sicher macht es einen Unterschied zu vorher, ja, eine kleine Hürde ist überwunden. Allerdings hat das Ganze einen Haken: Denn hier wird weiterhin an der ursprünglichen Unterstellung eines Mordversuchs festgehalten, von dem die Räuber*innen in Stuhr nur „zurückgetreten“ seien. D.h. sie hätten einen Mord vollenden können, haben es aber gelassen.
Wieder wird hier nicht einmal in Erwägung gezogen, dass es gar keinen Mordversuch gab. Was bei genauer Betrachtung der Umstände und Einbeziehung von Logik auf der Hand liegt.
Und darüber hinaus – wären Leute wie wir, also radikale Linke beteiligt gewesen, hätte es auch gar keinen geben können.
Am gleichen Tag, nämlich dem 9.7.25, wurde sogar wieder ein Antrag meiner Rechtsanwält*innen auf ein weiteres Gutachten zu dieser Frage vom Tisch gewischt.
In der Begründung der Einschätzung taucht nun eine neue Unterstellung als Möglichkeit auf: die Räuber*innen hätten eventuell damit gerechnet, den Fahrer durch eine schwere Verletzung dazu zu bringen, den Wagen zu öffnen, weil er Hilfe bräuchte.
Es gibt wohl keine Grenzen an abgründiger Phantasie, wenn es darum geht, unbedingt an dem Bild von rücksichtslosen, brutalen und allgemeingefährlichen Verbrecher*innen festzuhalten, denn das dient der weiteren Hetze und Verfolgung. Deshalb war mein Aufatmen über diesen Beschluss eingeschränkt.
Mir geht es nicht nur darum, mich gegen den Vorwurf des angeblichen Mordversuchs zu wehren, sondern auch darum, die Unterstellung einer generellen Tötungsbereitschaft bei uns als Lüge zu entlarven. Was ich übrigens nicht nur in Worten, sondern bei meiner Festnahme ganz praktisch demonstriert habe.
Auch über diese Tatsache wird einfach so hinweggegangen. Dazu passt dann auch die Aussage des LKALers, der bei meiner Festnahme dabei war. Als kooperativ und fast etwas erleichtert will er mich wahrgenommen haben. Erleichtert war ich allerdings nicht. Jeder Schritt, den ich von meiner Wohnung aus in Richtung Polizeiauto machte, riss einen riesigen Abgrund hinter mir auf. Ich ging in dem Bewusstsein, dass ich hierher nicht zurückkommen könnte und mein bisheriges Leben mit allen, die ich dort liebe und allem was mir viel bedeutete zurücklassen würde. Ich ging in dem Gedanken, dass meine einzige sinnvolle Aufgabe in diesem Moment noch war, Zeit zu schinden. Ich hätte viel darum gegeben, mein bis dahin erfülltes Leben mit Freund*innen, Genoss*innen und meiner Hündin geschützt vor der repressiven staatlichen Verfügungsgewalt fortsetzen zu können.
Der Einsatz von Waffen und in diesem Fall mit der Wahrscheinlichkeit einer blutigen Eskalation, kam dabei nicht in Frage.
Diese Tatsache fließt weder in den Prozess ein noch in das Auftreten von Polizei und Staatsanwaltschaft bei der weiteren Fahndung.
Auch der Umstand, dass sogar die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift davon ausgeht, dass vieles uns so auch die Waffen in meiner Wohnung gelagert waren und wie es aus der Akte hervorgeht, dass diese nicht schussbereit – Waffen und Magazine getrennt und sicher verstaut waren, so dass auch niemand zufällig hätte darüber stolpern können, hat hier keine Bedeutung.
Die Fahndungshetze läuft unbeirrt davon weiter gegen wegen Mordversuchs gesuchte allgemeingefährliche Täter, die besser nicht angesprochen werden sollen.
Schon in der Anklageschrist wurden Behauptungen zu dieser Richtung beibehalten.
In der Anklage (S. 487) steht:
„Großkalibrige Faustfeuerwaffen führten die Mitglieder der „RAF“ ständig zugriffsbereit und geladen mit sich, wobei die Übereinkunft bestand, bei drohender Festnahme ohne Rücksicht von der Waffe Gebrauch zu machen, um eine Festnahme zu verhindern.“
Das soll in der Anklageschrift zwar in erster Linie die Funktion haben, eine Waffe bei einem Überfall hinzuzudichten, wo niemand eine gesehen hat, damit wird aber gleichzeitig die Behauptung einer ständigen Bereitschaft bei uns zum Waffeneinsatz in den Prozess eingebracht.
Dieses Konstrukt wird aufrechterhalten, um das Bild, welches jahrzehntelang in der Öffentlichkeit, von der RAF gezeichnet wurde zu bestätigen und damit die Geschichte fundamentaler Opposition und eines Teils der früheren revolutionären Linken zu denunzieren.
Um es noch einmal zu betonen: Es wird aufrechterhalten und für die Verfolger als Orientierung gesetzt – noch 27 Jahre nach der Auflösung der RAF. So beinhaltet dies ganz klar eine ernsthafte Drohung gegen Burkhard und Volker. Die mediale Hetze gegen die Beiden soll damit am Brodeln gehalten werden und brutalstes polizeiliches Vorgehen bei der Fahndung gegen sie rechtfertigen. Das schafft eine Stimmung wie zu Zeiten der Killfahndung als Militante aus der RAF nicht verhaftet, sondern gleich ermordet wurden. So zum Beispiel beim Mord an Elisabeth van Dyk und dem Mordversuch an Rolf Heissler.
Staatsanwältin Marquardt drohte nicht nur mir mit einem weiteren Bad Kleinen, das ich verhindern könnte, wenn ich Aussagen über den Aufenthalt der beiden machen würde. Natürlich macht das alles auch mir Angst davor, dass sie aufgrund der Dämonisierungsversuche und das heißt vorgefertigten Rechtfertigungen im Zusammenhang der Fahndung erschossen werden könnten. Und es gefährdet auch Personen, die als sie denunziert werden. Dieses gesamte Vorgehen ist lebensgefährlich und vollkommen verantwortungslos. Das muss aufhören.
Genauso wie die fortlaufende Schikane durch sogar mehrfache Vorladungen von Freund*innen und Besucher*innen, jedes Mal mit der Androhung von hohen Bußgeldern oder Beugehaft.
Die Mär von unserer angeblichen Allgemeingefährlichkeit, Rücksichtslosigkeit und generellen Tötungsbereitschaft haben Polizei und Staatsanwaltschaft mit verlogenen Behauptungen, wie z.B. dem angeblichen Sprengstofffund in meiner Wohnung – was nie von ihnen dementiert wurde, obwohl keiner gefunden wurde – seit meiner Festnahme munitioniert.
Durch die Unterstellung einer besonderen Gefährlichkeit seitens der Bundesanwaltschaft wurde ein militarisierter Prozessrahmen geschaffen.
Hiermit sollen Erinnerungen und Feindbilder aus früheren Prozessen gegen Militante aus der RAF erweckt und wiederbelebt werden. Schon in Celle war dies deutlich genug und wird mit den rambomäßigen Transportfahrten und dem Hochsicherheitstamtam hier in Verden-Eitze noch unterstrichen.
Auch wenn das Gericht sich noch so unpolitisch sehen und darstellen will – in diesem Prozess bestimmt der politische Hintergrund – das Feindbild RAF und die Ungeheuerlichkeit, sich mehr als 30 Jahre dem Zugriff des Staates entzogen zu haben, den Rahmen.
Die Ablehnung des Antrags meiner Verteidigung, der darauf zielte, nachzuweisen, dass der Fahrer Immes durch die Schussabgabe nicht in eine lebensgefährliche Situation kam, zeigt doch, wie sehr das Gericht in diesem Feindbild verstrickt ist – lieber nichts zulassen, das diese Sicht brökeln lassen könnte.
Mir wird es in diesem Prozess weiter darum gehen klarzumachen: Linken töten nicht für Geld Punkt.
Und sie beklauen keine Omas und keine kleinen Läden oder sonstige Menschen, die selbst kaum was haben oder gerade so über die Runden kommen, aber falls sie Geld rauben, dann dort, wo es im Überfluss durch Ausbeutung, Raubbau und Weiße-Kragenverbrechen, die im Kapitalismus meist institutionell geschützt werden, angehäuft wurde.
Das heißt, ich werde weiterhin alle diese Lügen abwehren.
In tiefer Verbundenheit mit den beiden jahrelang mit mir zusammen Verfolgten Burkhard und Volker und mit allen Freund*innen und Genoss*innen im weltweiten Widerstand gegen Repression, Krieg, Faschismus, Rassismus, Kapitalismus und Patriachat und jegliche Form der Unterdrückung.
Freiheit für Palästina.
Wirklich frei sein können wir nur, wenn alle frei sind.
2)
Junge Welt vom 16.08.2025 / Inland / Seite 8, Interview Ariane Müller
»Das erinnert eher an ein Gefängnis als an ein Gericht«
Prozess in Verden-Eitze: Gruppe aus Frankfurt am Main bekundet Solidarität mit Daniela Klette. Ein Gespräch mit Cora und Christoph
Gemeinsam mit der Solidaritätsbewegung aus Frankfurt am Main sind Sie zum Prozess gegen Daniela Klette gefahren. Wie kamen Sie auf die Idee und was war Ihre Motivation?
Cora: Die Motivation entstand im Zusammenhang mit einer Solidaritätsveranstaltung zu Daniela, die wir in Frankfurt organisiert haben. Als Antwort auf die Frage, wie wir uns auch praktisch solidarisch zeigen können, kam die Idee, gemeinsam zum Prozess zu fahren.
Es gibt generell eine extreme Kriminalisierung von Solidarität mit Gefangenen aus revolutionären Bewegungen. Leute werden mit Vorladungen überzogen, Familienangehörige unter Druck gesetzt. Denn dieser Staat vergisst nichts. Um so wichtiger ist es, die Gefangenen dieser Bewegungen nicht zu vergessen. Die Erklärungen von Daniela, aber auch von Burkhard Garweg (Klettes mutmaßlicher Komplize, nach dem weiter gefahndet wird, jW) zeigen, dass sie sich ins Verhältnis zu den aktuellen widerständigen Kämpfen setzen. Es ist umgekehrt wichtig, dass wir sie nicht im Stich lassen. Solidarität ist unsere Waffe, auch gegen die Denunziation von Daniela, die zur brutalen Kriminellen deklariert wird. Sämtliche politische Kategorien ihres Denkens und Handelns werden einfach negiert.
Deshalb wollten wir den Prozesstag nutzen, Daniela zu sehen und diesen kalten Ort mit der Wärme unserer Solidarität zu fluten. Mit dabei war etwa Günter Sonnenberg (der wegen Aktivitäten im Rahmen einer ehemaligen RAF-Mitgliedschaft bis 1992 in Haft war, jW), dem die Knastbesuche bei Daniela verwehrt werden. Statt dessen hat er schon die zweite staatsanwaltliche Vorladung erhalten. Das ist eine Drohung. Den Besuch im Gericht konnten sie Günter allerdings nicht verwehren, und so konnten er und Daniela sich nach 49 Jahren wiedersehen.
Wie haben Sie den23.Verhandlungstagam Mittwoch erlebt?
Christoph: Wir haben Daniela mit Blicken und Gesten begrüßt. Gerichtlich gab es eine lange Vernehmung einer Polizeibeamtin. Eine weitere ist aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen. Direkt im Anschluss daran hat Daniela eine Erklärung abgegeben, in der sie beschrieb, wie mit der Inszenierung ihres Prozesses die Dämonisierung militanter Linker betrieben wird. Nach der Pause wurde ein Exbeamter vernommen, der aber keinerlei eigenständige Erinnerungen hatte. Daraufhin haben wir Solidaritäts-T-Shirts gezeigt und mit lautstarken Parolen den Gerichtssaal verlassen. Daniela schien das zu freuen.
Was ist Ihr Eindruck von dieser gigantischen Reithalle, die für 3,6 Millionen Euro für den Prozess ausgebaut wurde?
Co.: Es ist schon reichlich absurd, dass das Gerichtsareal von »NATO-Draht« umzäunt ist. Sogar ein Spielplatz auf dem Gelände ist davon betroffen. Der ganze Bereich wird von vermummten Polizisten mit Maschinenpistolen bewacht. Das erinnert eher an ein Hochsicherheitsgefängnis als an einen Gerichtssaal. Der Ort ist extrem abschreckend. Außerdem erschwert die Verlagerung von politischen Prozessen in die Provinz die Unterstützung, denn vor Ort gibt es keine solidarischen Strukturen. Die Anreise dorthin ist extrem zeitaufwendig. Kundgebungen können nicht mal in Sichtweite zum Prozessgebäude stattfinden. Ohne Publikumsverkehr sind Demonstrationen der Öffentlichkeit beraubt. Und im Gericht, also nach allen Zugangsschikanen, Leibesvisitationen und Personalienabgaben, ist man durch eine Trennscheibe von Daniela getrennt.
Gab es außerhalb des Gerichtsgebäudes weitere solidarische Bekundungen?
Ch.: Es gab eine Dauerkundgebung von morgens bis zum Prozessende. In der Mittagspause wurden zwei Redebeiträge vom »Solikreis § 129« und »Freundeskreis Daniela Klette« aus Frankfurt verlesen. Am Schluss haben wir gemeinsam ein Solifoto gemacht.
Cora und Christoph sind Teil der Solidaritätsbewegung zu Daniela Klette in Frankfurt am Main
Redebeitrag auf der Kundgebung in Verden-Eitze am 13.8.2025
Zur Mobilisierung
Das für den Staat Unerträgliche, dass nicht sein darf und was es nie hätte geben dürfen. Im Prozess gegen Daniela hier in Verden wegen Geldbeschaffung genauso im folgenden Prozess wegen Mitgliedschaft in der Roten Armee Fraktion, geht es dem Staat um eine weitere Abrechnung mit einem Teil linker Geschichte, genauer die Abrechnung mit dem bewaffneten Widerstand.
Ja, die RAF ist genauso Geschichte wie die Bewegung zweiter Juni,die Revolutionären Zellen oder die Rote Zora. Aber es ist mit Nichten so,dass sie staatlicherseits zerschlagen wurden, dass es dem Staat gelungen ist, aller habhaft zu werden und die eingeknasteten GenossInnen gebrochen werden konnten.
Keine Isolationshaft, keine noch so dicken Mauern konnten verhindern, dass die inhaftierten GenossInnen kollektive Kämpfe führten und diese Kämpfe von Teilen der linken Bewegung tatkräftig unterstützt wurde. Der Slogan “Drinnen und Draußen eine Bewegung, Einheit im Kampf für Zusammenlegung“ wurde für den Staat zur ganz konkret schmerzhaften Erfahrung im Laufe unzähliger Hungerstreiks. Auch die Kämpfe anderer militanter Gefangenen etwa der von „action directe“aus Frankreich, Grapo-PCR aus Spanien, CCC aus Belgien, Rote Brigaden aus Italien, IRA aus Irland oder der ETA im Baskenland wurden solidarisch begleitet.
Es ging immer darum, sich inhaltlich mit den Verlautbarungen der militanten GenossInnen auseinander zu setzen, sich aneinander zu reiben, zu kritisieren, zu streiten, niemals aber sich von einander zu distanzieren.
Was uns verbunden hat, ist das gemeinsame Ziel, im Herzen der imperialen Bestie und im Bewusstsein der Unabdingbarkeit von internationaler Solidarität eine Perspektive jenseits der Herrschaft von Krieg und Kapital zu erkämpfen.
Der staatlichen Seite wiederum ging es vom ersten Augenblick darum, dem militanten Widerstand sein politischen Kern zu berauben. In den Prozessen gegen die GenossInnen wurde der politische Charakter eines jeden Prozesses negiert, die GenossInnen als gewöhnliche Kriminelle dargestellt und/ oder pathologisiert.
Unterstützt von reaktionären Medien wurde eine beispiellose Hetze betrieben, die der Kill Fahndung,dem Ermorden Gefangener bis hin zur gezielten Hinrichtung von Wolfgang Grams in Bad Kleinen den Boden bereitete. Diese Hetze endete auch nicht mit der Auflösung der letzten Stadt-Guerilla: der RAF.
Es ist die selbe Herrschaft des Kapitals bis heute mit immer autoritäreren bis faschistischen Zügen, tief verwurzeltem Antikommunismus und einem Hass auf alles, was Ihnen links erscheint. Vor allem aber fürchten die Herrschenden widerständige Prozesse jedweder Art, die sich ihrem Zugriff entziehen, Handlungsfähigkeit erreichen oder sich einfach von Strafen nicht mehr schrecken lassen. Und deswegen bemüht der Staat für Umwelt-AktivistInnen unabhängig von ihren eher reformistischen Forderungen den Begriff „Klebe-RAF“und deswegen wird das Abtauchen von verfolgten AntifaschistInnen mit der Entstehung der Stadt-Guerilla gleichgesetzt.
Die Gier der Herrschenden die Geschichte umzuschreiben, kennt keine Grenzen. Die militanten GenossInnen sind in ihrem Duktus allesamt gemeingefährliche Verbrecher. Die Isolationsfolter hat es nie gegeben. Und natürlich wird gerade auch gegen die militanten GenossInnen der Vorwurf des Antisemitismus bemüht.
Die Wut des Staates konkret gegen Daniela, Burkhard und Volker speist sich daraus, dass die GenossInnen ein Leben in Freiheit und Würde vorgezogen haben und nicht reuig zu Kreuze gekrochen sind, um in den Schoss der Gesellschaft zurück zu kehren. Der staatliche Hass richtet sich auch gegen sie, weil sie sich zu Wort melden und sich mit den aktuellen linken Kämpfen verbunden fühlen.
Enden möchte ich mit einem Zitat in Anlehnung an Berthold Brecht:“Aber die, die ein Leben lang kämpfen,die sind unentbehrlich.“
Daniela, du lässt für uns die Sonne aufgehen!
Free Daniela, free Maja, free them all!
Hoch die internationale Solidarität!
Verden-Eitze, 13. August 25
4)
Solidarität mit Daniela
Kundgebung/Demo
am 23.August 2025 um 14 Uhr
in Vechta, Bürgermeister-Möller-Platz
Die Gruppe Solidarität mit Daniela ruft zu einer weiteren Solidaritätskundgebung vor dem Frauenknast in Vechta auf. Nach der Kundgebung werden wir eine Demo um den Knast herum machen.
Seit dem 25. März 2025 läuft der Prozess gegen Daniela u.a. wegen 13 Geldbeschaffungs- aktionen vor dem Landgericht Verden. Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg ihrer drei Anwälte. Sie wollen aber durch einen Antrag auf ein Gutachten eines Waffenexperten erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Auch wurde Daniela durch die Zeug*innenbefragungen an keinem der bis jetzt verhandelten „Tatorte“ erkannt.
Seit Mitte Juni muss Daniela die 12 kg schwere Bleiweste nicht mehr auf den Transporten vom Knast zum Gerichtsort und zurück tragen. Die Richterkammer kippte die Anordnung der Anstaltsleitung. Die Bleiweste verursachte bei Daniela Nacken- und Kopfschmerzen sowie Verspannungen. Was aber bleibt, ist das Fixieren der Hände und Füße, Dies ist eine Verordnung der Behörde in Karlsruhe.
Am 7. Prozesstag machte Daniela kurz vor dem Prozessbeginn auf den Genozid in Gaza aufmerksam. Sie solidarisierte sich mit dem Volk Palästina, indem sie die Kufija, das Palästinatuch, um die Schulter warf und einen handgeschriebenen Zettel mit den Worten „Stop Vertreibung Bombardierung Aushungern“ zu den Presseleuten und den Zuschauer*innen hochhielt.
Weiterhin haben 5 Menschen ein Besuchsverbot bei Daniela. Zwei von ihnen – Aktivistinnen aus der Solidaritätsbewegung – Ariane und Susanne haben jetzt im August erneute Vorladungen, angeordnet durch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, durch das BKA. Wir lassen uns durch die Repressionen nicht von unserer weiteren Solidaritätsarbeit abhalten..
Erklärung von R. (74) zur Zeugenvorladung der Deutschen Bundesanwaltschaft (BAW) in Basel im Strafverfahren gegen Daniela Klette.
Nach der Festnahme von Daniela Klette im Februar 2024 in Berlin hörte ich, dass sie rund um die Uhr kameraüberwacht in Isolationshaft saß und weder Zeitungen noch was zu schreiben hatte. Da wurde mir klar, dass ich sehen wollte, wie es ihr geht. Ich wollte, dass sie als politischer Mensch weiter existieren und leben kann und nicht allein eingemacht wird. Selbst lebe ich mit einer Behinderung und bin auf Sauerstoffgeräte angewiesen, traute mir den Besuch deshalb nicht alleine zu. Zusammen mit einer alten Freundin besuchte ich sie im Juni 2024 im Knast in Vechta. Wir kannten Daniela von früher und wussten, wie oft sie sich gegen solche unmenschlichen Haftbedingungen bereits eingesetzt hatte. Gleich im Anschluss an den überwachten und videoaufgezeichneten Besuch, wurden wir unter Druck gesetzt. Das BKA wollte uns nicht gehen lassen, wir sollten vor Ort Zeugenaussagen machen. Dazu bauten die BKA-Beamten eine Drohkulisse auf: „Wir werden jetzt hier keine Gewalt anwenden,“ und dass ein Arzt für mich bereitstünde, falls es zu Problemen kommen würde. Wir bestanden darauf, zu gehen. Mittlerweile wurden viele ältere Menschen aus den ehemaligen Kämpfen oder die in Kontakt zu Daniela standen, von der Verdener Staatsanwaltschaft zu den Geldbeschaffungsaktionen und von der Bundesanwaltschaft (BAW) zu den Anschlägen der RAF vorgeladen und verhört. Es wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Druck aufgebaut, der darauf abzielte, berufliche Existenzen zu zerstören und Aussagen zu erzwingen. Um an Informationen zu kommen, verteilen sie Bußgelder von 500 und 1000 Euro, drohen mit Beugehaft bis zu 6 Monaten und lassen uns mit hohen Anwaltskosten zurück, die man alleine kaum noch bezahlen kann. Die Rücksichtslosigkeit spiegelt sich auch darin wider, dass beide Institutionen händeringend nach willfährigen Zeugen suchen, die sich auf Grund ihrer persönlichen Situation zu Aussagen erpressen lassen. Dabei nehmen sie auch den Tod älterer Menschen in Kauf, die z. B. unter chronischen Herzkrankheiten leiden. Im Strafverfahren gegen Burkhard, Daniela und Volker soll ich nun von der deutschen BAW in Basel an zwei Tagen verhört werden. Die Verhörzeit wurde wegen meiner Erkrankung auf jeweils zwei Stunden begrenzt. Der Sachverhalt ähnelt mehr einer Mittäterschaft als einer Zeugenbefragung und lässt sich bei Bedarf auch in eine Anklage umwandeln. Der dringende Tatverdacht gegen Daniela betrifft gemäß dem Rechtshilfeersuchen zunächst einen versuchten Sprengstoffanschlag vom 25.Februar 1990 auf das Verwaltungsgebäude der Deutschen Bank in Eschborn, den Schusswaffenanschlag 1991 auf die US-Botschaft in Bonn, sowie 1993 die Sprengung der JVA in Weiterstadt. Bei den beiden letztgenannten Anschlägen tauchen auch Burkhard Garweg und Volker Staub auf. Darüber hinaus werden alle drei verdächtigt, 1990 in Bonn einen Sprengstoffanschlag auf das Bundesministerium verübt zu haben und 1991 den Anschlag «auf den Leiter der Treuhandanstalt Dr. Detlev Rohwedder“. Auf die drei Gesuchten hatte die BAW schon immer einen großen Hass, weil sie dem organisierten Widerstand der RAF zugeordnet wurden, der sich all die Jahre vor den Geheimdiensten, der Justiz und dem Polizeiaufgebot gut in der Bevölkerung verstecken konnte. Das ist auch der Grund, weshalb Daniela der Prozess als Mitglied der RAF gemacht wird. Damit der Widerstand aus der Gesellschaft davor abgeschreckt wird, soll ihr Kampf hier vor Gericht in einer lebenslangen Haft münden.
Ich werde erst heute zu den Sprengstoff- und Mordanschlägen befragt, die 35 Jahre zurückliegen und zu denen ich bisher nie zuvor verhört wurde, nie! Die Besuche bei Daniela dienen somit der Beweisaufnahme und zeigen, dass sie ohne willfährige Zeugen nichts gegen Burkhard, Daniela und Volker in der Hand haben, zumal alles andere bereits verjährt ist. Das Kalkül, gleichzeitig Besuche abzuschrecken, scheint aufzugehen, zumal andere Menschen, die Interesse zeigen Daniela zu besuchen, nicht ins Fadenkreuz der Ermittler kommen wollen.
Die BAW nimmt in der Aufstandsbekämpfung Deutschlands eine Vorreiterrolle ein und will mit dem Verhör in der Schweiz ihre scheinbare Allmacht weiter unter Beweis stellen, um somit internationale Solidarität zu Daniela, wie sie hier in der Schweiz bekräftigt wurde, im Keim zu ersticken. Die BAW ist keine unabhängige Behörde, sie untersteht dem Justizministerium und ist weisungsgebunden. Das zeigt sich auch an der Kriminalisierung des Widerstandes gegen den Genozid in Palästina, ebenso in der Verfolgung der Kurden und der Bevölkerung in den Regionen Donezk und Lugansk, die von der BAW zu Terrororganisationen erklärt wurden. Gleichzeitig werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit von der BAW mit Samthandschuhen angefasst. So hat der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die inzwischen 99-jährig verstorbene ehemalige KZ-Sekretärin Irmgard Furchner 2024 wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.505 Fällen bestätigt. Sie wurde 2022 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung vor einer Jugendkammer verurteilt, weil sie damals zwischen 18 und 21 Jahre alt war. Sie verbrachte fünf Tage in Untersuchungshaft. Von ihrem Büro aus hat sie einen Blick über das Lager gehabt, hat den zentralen Appellplatz und die Gaskammer gesehen und den Geruch des Krematoriums wahrgenommen. Über ihren Tisch liefen die Bestellungen für Zyklon B. Als KZ-Sekretärin hätte sie jederzeit kündigen können und zeigte bis zuletzt keine Reue! Aus den hier genannten Gründen werde ich alle geforderten Aussagen mit dieser Erklärung erwidern und jede Frage wahrheitsgemäß mit meinem Schweigen beantworten!
Nach der dreiwöchigen Sommerpause wurde der Prozess gegen Daniela Klette am 5. und 6. August 2025 fortgesetzt.
Ende März hat der Prozess gegen das nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF (Rote Armee Fraktion) Daniela Klette vor dem Landgericht Verden begonnen. Angeklagt ist Klette wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen und wegen Mordversuch an zwei Geldboten im Juni 2015 im niedersächsischen Stuhr-Mackenstedt bei Bremen. Anfangs fand der Prozess aus Sicherheitsgründen in Celle im Staatsschutzsaal des dortigen Oberlandesgerichts statt. Seit Ende Mai wird der Prozess im Ortsteil Eitze der niedersächsischen Stadt Verden fortgeführt, nachdem eine ehemalige Reithalle in der niedersächsischen Stadt Verden für 3,6 Millionen Euro zu einer hochgesicherten Festung ausgebaut wurde-
Bei dem Anklagepunkt, dem Überfall auf einen Geldtransporter in Cremlingen im Landkreis Wolfenbüttel im Juni 2016 wollen Zeug*innen zwei Männer und eine Frau beobachtet haben. Die bisherigen Aussagen der Zeug*innen haben gezeigt, welche Suggestivwirkung eine öffentliche Fahndung haben kann. Auch in dieser Region hingen damals überall die Fahndungsplakate von Daniela Klette und den noch gesuchten Volker Staub und Burkhard Garweg aus. Es besteht die sehr große Gefahr, dass die Tatzeugen daher die drei Personen, die in Cremlingen gesehen worden sind, die Gesuchten sein müssten bzw. könnten. Auch das ist nicht bewiesen, dass Daniela Klette in Cremlingen war. Der Vorsitzende Richter Engelke versucht zwar öfters durch gezielte Suggestivfragen die Zeug*innen so zu beeinflussen, dass die wahrgenommene Frau in Cremlingen Klette sein müsste.
„Im konkreten Fall haben sich die Zeugen mit der Polizei zusammengesetzt und sind dann schnell zur Auffassung gelangt, dass es sich bei den Tätern unter anderem um meine Mandantin gehandelt haben muss. Eine Frau, die als Zeugin in der Hauptverhandlung geladen war, berichtete, wie die Polizei ihr fast schon einredete, dass sie doch die gesuchten „Terrorristen“ gesehen haben müsse. Diese Umstände wird das Gericht nun präzise aufklären müssen“, so der Anwalt Lucas Theune. Folgerichtig haben am 21. Prozesstag die Anwälte einen Antrag gestellt. Sie fordern unter anderem die Analyse eines psychologischen Gutachters, der zu Falschaussagen forscht. Der Experte könne zeigen, dass zahlreiche Zeugenaussagen im Prozess gegen Daniela Klette nicht belastbar seien, hieß es. Zeugen seien unter anderem von Gesprächen mit anderen Zeugen, von sozialen Medien sowie von Berichten in Zeitungen, Fernsehen und im Internet beeinflusst. Aus Sicht der Verteidigung sind die Aussagen nicht verlässlich. „Die Zeug*innen seien etwa durch Fahndungsfotos, die überall aushingen, beeinflusst gewesen“, so der Verteidiger Ulrich Klinggraeff. Sie hätten Beschreibungen etwa zum Aussehen als Erinnerungen angegeben, die in Wirklichkeit keine eigenen Erinnerungen seien. Der Verteidiger las viele Zitate von Zeugen vor, um zu zeigen, dass sich diese vor ihren Aussagen bei der Polizei mit anderen Tatzeugen ausgetauscht hatten und Berichte über das gesuchte RAF-Trio als mutmaßliche Täter des Überfalls in Cremlingen und vorherige Überfälle kannten.
An diesen beiden Verhandlungstagen wurde ein weiterer Anklagepunkt der Überfall im Juli 1999 auf einen Geldtransporter in Duisburg verhandelt. Auch hier konnten die bisher zwei befragten Zeugen keine konkreten Aussagen mehr machen, kein Wunder nach über 25 Jahren. Beide und der Fahrer sowie der inzwischen verstorbene Beifahrer des Geldtransporters in seiner damaligen zwei Vernehmungen hatten keine Frau erkannt, sondern nur Männer wahrgenommen. Duisburg ist insofern für die Sicherheitsbehörden interessant, weil diese Aktion der erste nach der Auflösung der RAF in 1998 von vermutlichen ehemaligen Mitgliedern dieser Gruppe initiiert gewesen sein soll.
Genauso wie bei den Zeugenbefragungen zu dem ersten Anklagepunkt des versuchten Überfalls eines Geldtransporters in Stuhr-Mackenstedt im Juni 2015 wurde es sehr deutlich, dass keine Zeugin, kein Zeuge Daniela Klette erkannt hatten. Die Präsenz von ihr an den 3 Orten der Geldbeschaffungsaktionen, die bisher im Prozess verhandelt wurden, ist nicht nachgewiesen.
Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen, die Kammer hat einen rechtlichen Hinweis gegeben. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg der drei Verteidiger von Daniela Klette, Lukas Theune, Ulrich Klinggraeff und Undine Weyers. Sie wollen aber erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Die Anwälte versuchen durch einen Antrag zu erreichen, dass ein Waffenexperte durch ein Gutachten diesen unterstellten Tötungsvorsatz widerlegt.
Ariane Müller, freie Journalistin 6. August 2025
Anmerkung:
Dieser Artikel ist für die junge Welt geschrieben worden, aus unbekannten Gründen ist dieser nicht abgedruckt worden. Für die Internetseite ist der Artikel etwas überarbeitet worden.
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
———————————————————————–
Hallo,
am 5.August um 10 Uhr und am 6.August um 9 Uhr wird der Prozess gegen Daniela nach der Sommerpause in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstraße 48 fortgesetzt. Weitere Prozesstage sind am 12. (10 Uhr), 13. (9 Uhr), 19. (10 Uhr) und 20. (9 Uhr) August, ehe es eine weitere zweiwöchige Sommerpause gibt.
Zum Prozesstag am 13. August kommt ein Bus aus Frankfurt. An diesem Tag gibt es auch wieder ab 8 Uhr eine Kundgebung, 200 Meter vom Eingang entfernt an der Bushaltestelle.
Wir haben jetzt eine eigene Internetseite, die aber noch nicht vollständig eingerichtet ist.
Veranstaltung am 31. Juli in Frankfurt
Veranstaltung am 14. August in Berlin
Kundgebung am 23. August in Vechta
Artikel junge Welt
Interview mit Lukas Theune
Gruppe: Solidarität mit Daniela Kontakt: solidarisch-mit-daniela@tonline.de Webseite: www.solidarisch-mit-daniela.de
1)
Info- und Mobilveranstaltung
Bus der Solidarität von Frankfurt zum Prozess von Daniela Klette am 13. August
Wir laden euch am 31.07.2025 um 19 Uhr ins neue IZ in der Lahnstr. 1 ein. Es wird einen kleinen Bericht zum Prozess und Daniela`s Haftsituation geben und Informationen zur gemeinsamen Busreise zum Prozess. Außerdem habt ihr nochmal die Möglichkeit Tickets zu kaufen.
Solidarität ist unsere Waffe!
2)
Solidarität mit Daniela!
Zu Aussageverweigerungen bei
Vorladungen und die Folgen
Zwei Frauen aus der Solidaritätsbewegung zu Daniela Klette, Ariane aus Bremen und Susanne aus Hamburg, haben jetzt erneut eine Vorladung durch das BKA, angeordnet durch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erhalten.
Nachdem beide Frauen seit September bzw. im Oktober 2024 ein Besuchsverbot bei Daniela Klette erhalten hatten, flatterten prompt die Zeugenvorladungen ins Haus. Die Besuchsverbote begründete die Behörde damit, dass die beiden Frauen u.a. die Vermittlerinnen zwischen Daniela und den beiden noch gesuchten – laut Bundesanwaltschaft mutmaßlichen Ex-Mitglieder der 1998 aufgelösten RAF Burkhard Garweg und Volker Staub sein sollen, damit Daniela ihre Flucht aus dem Knast planen könnte. Ariane hatte im Oktober 2024 in Berlin die Vorladung, Susanne im November 2024 in Hamburg. Beide verweigerten ihre Aussagen. Nach einem endgültigem Beschluss einer Ermittlungsrichterin mussten beide Anfang 2025 eine Ordnungsstrafe von jeweils 500 Euro bezahlen.
Nach der Verhaftung von Daniela Ende Februar 2024 in Berlin hatte die damalige Krankenschwester und Betriebsrätin Ariane die erste Kundgebung im März 2024 vor dem Frauenknast in Vechta angemeldet. Sie verlor daraufhin ihre Arbeit und hat seitdem ein Berufsverbot. Ariane hat jetzt am 15. August 2025 um 10 Uhr ihre nächste Vorladung auf dem Polizeirevier in der Friesenstr. 16 in Berlin-Kreuzberg. Wann die Vorladung von Susanne sein wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Beide Frauen werden auch diesmal die Aussage verweigern. Dann droht ihnen ein höheres Ordnungsgeld oder sogar Beugehaft bis zu 6 Monaten. Wichtig ist, dass mit Vorladungen und Aussageverweigerungen und deren Folgen transparent und politisch offensiv umgegangen wird. Öffentlichkeit ist der beste Schutz für die Betroffenen.
Info- und Diskussionsveranstaltung u.a. mit Ariane am 14.August 2025 um 19 Uhr im Cafe Karanfil, Weisestr. 3, Berlin Neukölln—————————————————————————————————————–Kundgebung am 15. August 2025 um 10 Uhr vor dem Polizeirevier, Friesenstr. 16, Berlin-Kreuzberg —————————————————————————————————————–
Die Gruppe Solidarität mit Daniela ruft zu einer weiteren Solidaritätskundgebung vor dem Frauenknast in Vechta auf. Nach der Kundgebung werden wir eine Demo um den Knast herum machen.
Seit dem 25. März 2025 läuft der Prozess gegen Daniela u.a. wegen 13 Geldbeschaffungs- aktionen vor dem Landgericht Verden. Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Gericht am letzten Verhandlungstag am 10. Juli 2025 vor der Sommerpause fallengelassen. Der schwerste Anklagevorwurf ist also vom Tisch. Dies ist ein Erfolg ihrer drei Anwälte. Sie wollen aber durch einen Antrag auf ein Gutachten eines Waffenexperten erreichen, dass der unterstellte Tötungsvorsatz überhaupt nicht geplant war. Auch wurde Daniela durch die Zeug*innenbefragungen an keinem der bis jetzt verhandelten „Tatorte“ erkannt.
Seit Mitte Juni muss Daniela die 12 kg schwere Bleiweste nicht mehr auf den Transporten vom Knast zum Gerichtsort und zurück tragen. Die Richterkammer kippte die Anordnung der Anstaltsleitung. Die Bleiweste verursachte bei Daniela Nacken- und Kopfschmerzen sowie Verspannungen. Was aber bleibt, ist das Fixieren der Hände und Füße, Dies ist eine Verordnung der Behörde in Karlsruhe.
Am 7. Prozesstag machte Daniela kurz vor dem Prozessbeginn auf den Genozid in Gaza aufmerksam. Sie solidarisierte sich mit dem Volk Palästina, indem sie die Kufija, das Palästinatuch, um die Schulter warf und einen handgeschriebenen Zettel mit den Worten „Stop Vertreibung Bombardierung Aushungern“ zu den Presseleuten und den Zuschauer*innen hochhielt.
Weiterhin haben 5 Menschen ein Besuchsverbot bei Daniela. Zwei von ihnen – Aktivistinnen aus der Solidaritätsbewegung – Ariane und Susanne haben jetzt im August erneute Vorladungen, angeordnet durch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, durch das BKA. Wir lassen uns durch die Repressionen nicht von unserer weiteren Solidaritätsarbeit abhalten..
Prozess gegen Klette: Gericht erkennt nur bedingten Tötungsvorsatz, lehnt Gutachten ab
Von Ariane Müller
Es war der 20. Verhandlungstag des Prozesses gegen das mutmaßlich ehemalige Mitglied der 1998 aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF) Daniel Klette. Angeklagt ist sie unter anderem wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen vor dem Landgericht Verden. Am Mittwoch endete der Sitzungsmarathon vor der Sommerpause mit dem Zwischenergebnis, dass der schwerste Vorwurf gegen Klette vom Tisch ist.
Die Verhandlungen über den ersten Tatvorwurf, ein Überfall samt Schüssen auf einen Geldtransporter in Stuhr bei Bremen, bei dem niemand verletzt wurde, sind abgeschlossen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte Klette einen Mordversuch unterstellt. Diesbezüglich gab die zuständige Kammer unter dem Vorsitzenden Richter Lars Engelke einen rechtlichen Hinweis ab: Der Vorwurf des Mordversuchs sei nicht haltbar. Die drei Tatverdächtigen seien von der ihnen zur Last gelegten Tötungsabsicht zurückgetreten, hätten den geplanten Überfall von sich aus abgebrochen. Ohnehin konnten bislang weder die Zeugenaussagen noch die Aufnahmen der Überwachungskameras beweisen, dass Daniela Klette, geschweige denn überhaupt eine Frau an dieser Tat beteiligt war.
Das Gericht geht allerdings weiterhin von einem bedingten Tötungsvorsatz aus, dass der Schütze den Tod der Geldtransporteure in Kauf genommen habe. »Leider hat die Kammer den Antrag der Anwälte Klettes auf ein externes Gutachten eines Waffenexperten, mit dem bewiesen werden könnte, dass diese drei Leute niemals jemanden töten wollten, abgelehnt«, kommentierte ein Prozessbeobachter gegenüber jW. Das Gericht war allerdings der Auffassung, dass der Schütze in einer derart dynamischen Situation nicht in der Lage gewesen wäre, Flugbahn und mögliche Folgen vor dem Feuern genau zu berechnen. Es sei »nur dem reinen Zufall zu verdanken«, dass durch die Schüsse niemand verletzt wurde.
Aus den entsprechenden Anträgen geht hervor, dass der zweite Schuss in Richtung Armaturenbrett und nicht auf den Fahrer des Geldtransporters abgegeben wurde. Dies sei anhand des Einschusswinkels, der mindestens 35 Grad von besagtem Fahrer wegweise, belegbar. Lediglich einzelne Projektilteile hätten die geschützte Verglasung sowie die Stahlblechlatte in der Beifahrertür penetriert und seien in ihrer Flugbahn dann überwiegend in Richtung Fahrzeugboden abgelenkt worden. Nur ein Splitter eines Geschossmantels aus Bimetall mit einem Gewicht von 0,51 Gramm habe unvorhersehbar in Richtung der Rückenlehne des Fahrersitzes ausgeschlagen und sei in diesen mit einer geringen Restenergie von aufgerundet nicht mehr als 30 Joule eingedrungen. Das Gutachten der Bundeswehr vom 14. März 2016 war demgegenüber von falschen Voraussetzungen ausgegangen.
Nun geht das Gericht in eine dreiwöchige Sommerpause. Der Prozess wird am 5. August in Verden-Eitze fortgesetzt. Begonnen hatte er am 25. März im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts Celle. Damals entsprachen die Räumlichkeiten im Landgericht Verden nicht den Sicherheitsansprüchen der Behörden. Inzwischen wurde eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze für sage und schreibe 3,6 Millionen Euro zu einer Festung ausgebaut. Seit Ende Mai findet der Prozess dort statt. Damals kommentierte Ulrich Klinggräff, einer der drei Strafverteidiger von Daniela Klette, gegenüber jW: »Das alles ist Ausdruck eines völlig irrsinnigen und gänzlich unbegründeten Sicherheitswahns.« Zwar würden Gericht und Staatsanwaltschaft stets betonen, es handele sich um ein ganz normales Strafverfahren. Der Öffentlichkeit werde aber das Bild eines »Terrorverfahrens« vermittelt.
5)
Anmerkung: Für uns sind vermeintliche Ex-Mitglieder und ehemalige Gefangene aus der RAF keine Terroristen. Das Interview erschien im LTO (Legal Tribune Online)
Verteidiger der mutmaßlichen Ex-RAF-Terroristin im Interview „Klettes Präsenz an keinem der Tatorte bewiesen“
Seite März steht die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette vor Gericht. Jetzt hat das LG Verden angedeutet, dass die 66-Jährige nicht wegen versuchten Mordes verurteilt wird. Ihr Anwalt Lukas Theune spricht von einem „Teilerfolg“.
LTO: Herr Theune, Sie vertreten mit zwei weiteren Kolleg:innnen die mutmaßlich ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette. Ihr und ihren angeblichen Mitstreitern, den gesuchten Ernst-Volker Staub und Burkard Garweg, wird vorgeworfen , 13 Raubüberfälle, aber auch einen versuchten Mord an zwei Geldboten 2015 im niedersächsischen Stuhr begangen zu haben. Bei den Taten sollen sie insgesamt 2,7 Millionen Euro erbeutet haben. Den Vorwurf des versuchten Mordes hat das Landgericht Verden jetzt fallengelassen.
Dr. Lukas Theune: Ja, das ist richtig. Die Schwurgerichtskammer hat einen rechtlichen Hinweis gegeben, dass die Person, die seinerzeit Schüsse auf einen Geldtransporter abgegeben hat und die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass es sich bei einer Mittäterin um Frau Klette handelt, freiwillig und damit strafbefreiend von einem Mordversuch zurückgetreten ist. Damit hat sich der schwerste Anklagevorwurf erledigt. Wir verbuchen das auch als einen Erfolg der Verteidigung. Allerdings wird es jetzt darum gehen, auch den unterstellten Tötungsvorsatz zu widerlegen.
Auch wenn dieser im Ergebnis wegen des strafbefreienden Rücktritts keine Rolle spielt?
Es bleibt im Hinblick auf andere Tatvorwürfe zumindest im Rahmen der Strafzumessung relevant, ob man Frau Klette einen Tötungs- beziehungsweise Mordversuch attestieren kann. In Betracht kommt ja aus Sicht des Gerichts etwa ein versuchter schwerer Raub, bei dem „andere Personen“, hier die Geldboten, nach § 250 Abs. 2 Nr. 3b Strafgesetzbuch (StGB) „in die Gefahr des Todes “ gebracht wurden. Das Gericht wird weiter aufklären müssen, wie gefährlich es für die Fahrer des Geldtransporters wirklich gewesen ist.
Sie sagten, die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass Frau Klette dabei war, als die Schüsse auf den Geldtransporter abgegeben wurden. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung im Einzelnen: Bewiesen ist das Ihrer Meinung nicht?
Nein, die Präsenz von Frau Klette ist an keinem der Tatorte nachgewiesen. Kein Zeuge hat sie identifiziert, es gibt allenfalls alte und komplexe DNA-Mischspuren in Fahrzeugen, die allerdings nicht zwingend an den betreffenden Tagen des Überfalls in das Fahrzeug gelangt sein müssen.
„Suggestivwirkung öffentlicher Fahndung“
Frau Klette wird unter anderem vorgeworfen, 2016 bei einem Überfall in Cremlingen auf einen Geldtransporter zusammen mit Garweg und Staub rund 1.300.000 Euro erbeutet zu haben. Zeugen haben zwei Männer und eine Frau beobachtet.
Auch das ist nicht erwiesen. Die Aussagen zeigen vielmehr, welche Suggestivwirkung eine öffentliche Fahndung haben kann. Auf etlichen Plakaten in der Region hingen zum Zeitpunkt der Tat Plakate von Staub, Garweg und Klette. Vor diesem Hintergrund kann man dann schnell mal zur Überzeugung gelangen, dass die Personen, die man gesehen hat, die ohnehin Gesuchten sind. Zutreffen muss dieser Eindruck allerdings nicht.
Im konkreten Fall haben sich die Zeugen mit der Polizei zusammengesetzt und sind dann schnell zur Auffassung gelangt, dass es sich bei den Tätern unter anderem um meine Mandantin gehandelt haben muss. Eine Frau, die als Zeugin in der Hauptverhandlung geladen war, berichtete, wie die Polizei ihr fast schon einredete, dass sie doch die gesuchten „Terrorristen“ gesehen haben müsse. Diese Umstände wird das Gericht nun präzise aufklären müssen.
Aussagen zu einer möglichen Tatbeteiligung an den angeklagten Fällen sind von Frau Klette weiter nicht zu erwarten? Immerhin wurden ja auch Waffen in ihrer Berliner Wohnung gefunden, die eindeutig den Überfällen zugeordnet werden konnten.
Nein, Frau Klette schweigt zu den Vorwürfen der Anklage. Sie hat nur am Anfang des Prozesses eine politische Erklärung abgegeben.
„Das ist kein normaler Strafprozess“
Apropos „politisch“: Die Verteidigung, aber auch ihre Mandantin haben von Anfang an den Prozess als einen politischen Prozess bezeichnet. Sehen sie das immer noch so oder ist es inzwischen ein ganz „normaler“ Strafprozess?
Nein, das ist kein normaler Strafprozess, bei dem es darum geht, ein paar Raubstraften aufzuklären und gegebenenfalls zu ahnden. Vielmehr wird ein riesiger Aufwand betrieben, der in keinem Verhältnis zu den angeklagten Straftaten steht.
Geld spielt da überhaupt keine Rolle: So wurde für dreieinhalb Millionen Euro ein völlig überdimensionierter neuer Gerichtssaal geschaffen. Und Aktenberge, wie in diesem Verfahren, habe ich bisher noch nie gesehen. Daraus geht hervor, dass Hunderte Polizisten mit den Ermittlungen befasst waren und eine regelrechte „Schlacht“ der Sachverständigen stattgefunden hat.
Und in Berlin wurde die Wohnung meiner Mandantin minutiös auseinandergebaut, sogar Fußleisten wurden abgetragen, um dann alles so authentisch wie möglich in Hannover im LKA wieder aufzubauen. Kurzum: Ein absurdes und teures Spektakel, das sich nur mit dem vermuteten politischen Hintergrund unserer Mandantin erklären lässt. Insofern ist es ein politischer Prozess.
Stoßen Staub und Garweg eines Tages dazu?
Der überdimensionierte Gerichtssaal in einer ehemaligen Reithalle wird ja damit erklärt, dass vielleicht ja eines Tages die gesuchten Komplizen Staub und Garweg „dazustoßen“ könnten.
Ja, so argumentiert die Staatsanwaltschaft tatsächlich. Aber auch das ist doch hanebüchen und lässt daran zweifeln, ob man die Vorgaben der Strafprozessordnung überhaupt hinreichend kennt. Sollen die sich dann einfach dazusetzen? In ein laufendes Verfahren? Oder wird die Beweisaufnahme dann komplett wiederholt? Das ist alles sehr unausgegoren.
Gibt es denn Anhaltspunkte dafür, dass Staub und Garweg bald gefasst werden?
Als Verteidigung bekommen wir keine Auskunft zu der Zielfahndung. Aber die Staatsanwaltschaft gibt sich da optimistisch.
Ja, wir streiten uns mit der Justizvollzugsanstalt tatsächlich über jede Kleinigkeit. Andere dürfen täglich in den Sportraum, sie nicht. Sogar das Kohle-Durchschlagspapier für ihre Schreibmaschine hat man ihr verwehrt. Und wie ja auch berichtet wurde, dürfen bestimmte Personen sie nicht besuchen.
Eine Frau etwa darf nicht mehr kommen, weil beim letzten Besuch meine Mandantin von ihr aus Neugier gefragt wurde, was sie denn sehe, wenn sie aus dem vergitterten Zellenfenster schaut. „Bäume, Himmel, und so weiter“ lautete die Antwort, die der Bundesanwaltschaft schon reichte, um zu unterstellen, dass ein Fluchtversuch in Planung sei.
„Bezweifle weitere Anklage der Bundesanwaltschaft“
Neben der Anklage vor dem Landgericht Verden wartet auf ihre Mandantin möglicherweise noch ein weiteres Verfahren, in dem es um politisch motivierte Anschläge geht, bei denen Klette dabei gewesen sein soll. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord in zwei Fällen sowie Mittäterschaft bei Sprengstoffexplosionen vor, begangen von der RAF in der Zeit von Februar 1990 bis März 1993. Wann rechnen Sie hier mit einer Anklageschrift?
Ich habe meine Zweifel, ob es diese jemals geben wird. Nach meinem Eindruck ist die Beweislage da ebenfalls äußerst dünn. Aber warten wir mal ab, was die Bundesanwaltschaft daraus macht.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Dr. Lukas Theune ist Fachanwalt für Strafrecht in Berlin. Zugleich ist er Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins. Im Team mit Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff und Rechtsanwältin Undine Weyers vertritt er im Strafverfahren vor dem LG Verden die am 26. Februar 2024 festgenommene Daniela Klette.
anbei ein neues Statement von Burkhard zur Demo in Berlin-Kreuzberg am 6. Juli 2025 um 14 Uhr, Oranienplatz.
Ein Hinweis auf den Beitrag und zum Aufruf zur Demonstration am 6.7. in Berlin vom Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen unter www.political-prisoners.net
Am Dienstag, d. 8. Juli um 10 Uhr und am Mittwoch, d. 9. Juli um 9 Uhr sind die beiden letzten Prozesstage vor der Sommerpause, Weitzmühlenerstraße 48/50 in Verden-Eitze. Im August wird der Prozess fortgesetzt.
Für die Demonstration „Burn all prisons“ in Berlin am 6.7. 25
Seit mehr als einem Jahr ist Daniela im Gefängnis von Vechta eingesperrt. Mit öffentlicher Hetze gegen uns, die wir seit 30 Jahren als RAF verfolgt werden, propagieren Staatsanwaltschaft und Polizei unsere Gefährlichkeit und unterstellen uns Selbstbereicherung, die über Leichen gehe oder sie zumindest billigend in Kauf nehme.
Eins sei hier gesagt: für uns war es zu jeder Zeit undenkbar, ausgeschlossen und fern, für Geld zu töten oder jemanden deswegen physisch zu verletzen. Dafür stehen alle Jahrzehnte unserer Illegalität.
Was uns vorgeworfen wird, wäre der Notwendigkeit geschuldet, dass man im Kapitalismus Geld benötigt, um zu überleben. Und sei es für das Brot in der Illegalität. Das uns Unterstellte wäre dann wohl eine Art Mundraub.
Es ist eine politische Entscheidung mit exorbitantem Verfolgungseifer, Härte und im Feindverhältnis gegen uns vorzugehen.
Bestraft wird, wer nicht kooperiert und sich nicht unterwirft. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei unternehmen vieles, um Daniela fertig zu machen: Besuchsverbote und Besuchsüberwachung, Vorladungen von Besucher*innen, Zensur, Ausschluss von politischen Diskussionen, Bleiweste usw.
Das Signal in die Gesellschaft ist: Widerstand führt zu nichts als staatlicher Gewalt, und wer sich nicht unterwirft oder wenigstens kooperiert, wird kein Licht mehr sehen, wenigstens keines in Freiheit.
Uns Illegalen bedrohten die Staatsanwaltschaft und die Polizei mehrfach mit einem 2. Bad Kleinen für den Fall, dass wir uns ihnen nicht freiwillig ausliefern. Früher nannte man das Kill-fahndung.
In der Geschichte der 70 und 90er Jahre kostete diese Art Staatsterrorismus zahlreichen Menschen das Leben.
Vor 32 Jahren am 27.6.93 wurde Wolfgang Grams bereits kampfunfähig auf den Gleisen von Bad Kleinen liegend unter den Augen von zahlreichen Zeug*innen durch den aufgesetzten Kopfschuss eines Polizisten getötet.
Heute geht es um die Aburteilung einer Geschichte, die aus den weltweiten Bewegungen kam, die in den Metropolen den Kampf gegen Ausbeutung und Kolonialismus im Verhältnis zu Asien, Afrika und Lateinamerika, den US Krieg gegen die Bevölkerung Vietnams, Rassismus und Patriarchat in die Gesellschaft brachten.
Im postfaschistischen Deutschland begann damit auch die Thematisierung und der Konflikt mit einer Elite, die im NS Faschismus Karriere gemacht hatte und diese nach 1945 nahtlos in der BRD fortführte. Auch konnten die Kapitalist*innen, die von Zwangsarbeit und Krieg profitiert hatten, ihren Besitz an industrieller Produktion, nahtlos in den BRD Staat überführen.
Nazitäter*innen, die zum Teil persönlich Millionen Ermordete zu verantworten hatten, wurden vom BRD Staat so gut wie nie zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil sie kamen aus dem NS Faschismus und bauten den BRD Staat auf. Reibungslos.
Dass Linke hingegen mit unnachgiebiger Härte verfolgt werden, gehört gewissermaßen zur DNA dieses Staates, zu seinen in ihm liegenden Reflexen und entspricht seiner postfaschistische Tradition.
Die Nazi Täter*innen verfolgte man genauso wenig, wie Polizist*innen für ihre auch tödliche Polizeigewalt: Maria, Halim Dener, Jürgen Rose, Oury Jalloh, Mouhamed Dramé, Lorenz und viele, viele mehr: erschlagen, von Schüssen durchsiebt, Schüsse in den Rücken oder gefesselt verbrannt.
Die Nazis vom NSU ließ man gewähren, und das obwohl der NSU umgeben von deutschen Geheimdiensten war. Mindestens Teile deutscher Geheimdienste unterstützten den NSU. Ja, der Verfassungsschutz war zuweilen sogar zum Zeitpunkt der Tat am Ort des Geschehens. Bundeswehr Oberst Klein wurde für den von ihm angeordneten Massenmord von 141 Zivilist*innen während des Afghanistan Krieges zum General befördert.
Ganz anders jedoch werden Menschen aus den Kämpfen für Emanzipation unnachgiebig und mit Härte verfolgt und manchmal für lange Jahre weggesperrt: Antifas werden inhaftiert und verfolgt. Die Gefährt*innen N. und M., die in bayrischen Knästen gefangen sind und mit 129a bedroht und das wegen einer linken Zeitungsproduktion, d.h. wegen ihrer Gesinnung. Die vielen Genoss*innen der kurdischen und türkischen Bewegungen, die seit Jahrzehnten verfolgt und in Komplizenschaft aller deutschen Regierungen mit jener der Türkei lange Jahre in deutschen Gefängnissen eingesperrt werden. Klimaaktivist*innen oder Tausende der Palästina-Solidarität sind von vielfältiger Repression, von Knast bis zur Abschiebung, von Veranstaltungs- bis zu Einreiseverboten betroffen.
Daniela, der keine physische Verletzung auch nur eines Menschen vorgeworfen wird, dafür aber sich an Aktionen gegen Kapitalismus, Krieg und Knäste beteiligt zu haben, wird ewige Inhaftierung angedroht.
Die staatliche Propaganda erklärt uns zu „Terroristen“. Das hat nichts mit der Realität zu tun. Der Begriff ist ein Herrschaftsmittel.
Terror erzeugt und auf Gewalt basiert das kapitalistische System.
Gewalt und Terror der kapitalistischen Normalität ist Hunger, ist Ausbeutung, ist Kolonialismus, ist patriarchale Gewalt, ist Repression, ist ihr Knastsystem, ist Klassenjustiz, ist die Zerstörung des Klimas, ist Flucht und Vertreibung, ist Nationalismus und Krieg.
Heute ist der Kapitalismus in einer grundlegenden Krise. In der sich heute aufbauenden Erosion der westlichen Metropolen kämpfen die alten kolonialen Mächte um die Rekonstruktion ihrer schwindenden Hegemonie, ihrer ökonomischen und militärischen Vorherrschaft über den Rest der Welt.
Die heutige Formierung des autoritären Staates ist durch das Zusammenwirken der bürgerlichen und liberalen Demokrat*innen und der extremen Rechten gekennzeichnet und setzt Faschisierung einzelner Herrschaftsmittel innerhalb der bürgerlichen Demokratie durch. Die Faschisierung ist ein immanenter Bestandteil der bürgerlichen Demokratie, und kann in seinem heutigen Ausmaß als Krisenrektion im Spätkapitalismus gelesen werden.
Politik und Medien hetzen und mobilisieren gegen die Armen, die Bürgergeldempfänger*innen, die angeblich Faulen, die, die für den Kapitalismus nicht verwertbar sind und gegen die, die vor Krieg, Hunger und der klimatischen Verwüstung zu Millionen in die Metropolen fliehen.
Sie hetzten aus liberaler wie rechtsextremer Perspektive mit unterschiedlichen Gewichtungen gegen Migrant*innen, die hier nicht gebraucht werden oder sich wie in der Palästina Soli-Bewegung nicht opportunistisch der Deutungshoheit der Herrschenden unterwerfen.
Sie mobilisieren für die „kriegstüchtige“ Gesellschaft, die im Nationalismus geeint, Klassenwidersprüche zurückzustellt, um metropolitane Wohlstandsinseln für Wenige zu sichern, die Menschen zu Kanonenfutter macht, die Krieg zu führen bereit ist.
Es sind Millionen, die von Staat und Elite, von Liberalen und Rechten, von Grünen bis zur AfD im Einklang mit dem Medien-Mainstream mit jeweils unterschiedlichen Worten und im unterschiedlichen Gewand zum inneren Feind erklärt werden.
Sie alle erfahren am eigenen Leib, was Faschisierung heute bedeutet.
Polizeigewalt und staatliche Machtdemonstration sind der Normalzustand.
Heute reicht es, eine falsche Meinung zu haben, um Repression und Hetze zu erfahren.
Begriffe werden gekapert, umgedeutet und missbraucht, um ihre gewaltförmige Politik unter dem Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie verkaufen zu können. So wird der Krieg für Rohstoffe, Warenverkehr und für den Erhalt westlicher Vormacht als feministische Aussenpolitik deklariert – ganz in der Tradition des missbrauchten „nie wieder Ausschwitz“ als Kriegserklärung der deutschen Regierung.
Wer sich wehrt, ist beispielsweise ein Klimaterrorist. Rechtsoffen ist, wer die Coronamassnahmen als Beginn des autoritären Staates thematisierte.
Wer den Krieg nicht will, ist Putinversteher oder Vaterlandsverräter.
Wer sich gegen den Genozid an Palästinenser*innen und deutschen Waffenlieferungen an eine faschistische, israelische Regierung stellt, wird per se zum Antisemiten propagiert.
Selbst jüdische Schwestern und Brüder, die auf der ganzen Welt gegen Zionismus, Apartheid und Genozid protestieren, werden als Antisemiten gebrandmarkt. Welch Hohn! Der deutsche Herrenmensch im Kostüm des liberalen Demokraten separiert heute in gute und schlechte Jüd*innen. Welch Antisemitismus!
Die Gegenwart von Staat und Gesellschaft und die Weltverhältnisse eines fortlebenden Kolonialismus und eines brandgefährlichen Imperialismus sind düster und die Zukunft bedrohlich.
Europa wird Kriege führen.
Das hochrüstende Europa und allen voran das darin hegemoniale Deutschland bereiten ihre Kriege für die kommenden Rohstoff-Raube vor. Die imperialistischen Verbrechen dieser taumelnden Wohlstandsinsel sind abzusehen, sind angekündigt und werden Millionen Menschen töten, Millionen Menschen zur Flucht zwingen und werden global vor allem weitere Armut und Zerstörung erzeugen.
Die bürgerliche Demokratie zu retten ist angesichts der Krise und der anrollenden und kommenden Weltverhältnisse ein Irrweg, der in sich aufbauendem Autoritarismus, Nationalismus und Krieg verbleiben wird und darüber hinaus keinen Ausweg aus Patriarchat, Ausbeutung und Klima-Gau aufzeigen könnte. Die Überwindung des globalen Elends von Kapitalismus und Patriarchat, von Kolonialismus und Imperialismus, von Nationalismus und Krieg ist nur mit der Transformation des Kapitalismus möglich.
Die Entwicklung des Kapitalismus ist bedrohlich und die Gegenkräfte von Emanzipation und Befreiung heute schwach. Die Gründe für Optimismus sind überschaubar. Doch angesichts einer Welt im Epochenbruch, in der der Lauf des Kapitalismus in den westlichen Metropolen mit der Faschisierung der Verhältnisse den Weg in den Faschismus längst beschritten hat und für die Welt ein neues Zeitalter des Krieges begonnen hat, bleibt Befreiung die einzige Option der Menschheit und die Alternative zur globalen (Weiter-)Fahrt in Abgrund und Apokalypse.
Die Ausgebeuteten und Beherrschten dieser Welt, die vor Bomben und Klima-overkill Fliehenden, die Hungernden, die, die patriarchale Gewaltverhältnisse nicht mehr hinzunehmen bereit sind, das Heer der in den Metropolen zum Feind Erklärten: der Armen, der „Nutzlosen“, der Migrant*innen, der Geflohenen und der Widerständigen: die, die vom Kapitalismus nichts zu erwarten haben und sich erheben werden – wenn die in der fortlaufenden Brutalisierung der Weltverhältnisse zusammen kämen, es wären unzählige, und es könnte ein Prozess des Endes der Herrschaft des Menschen über den Menschen werden.
Es könnte in der heutigen Zeit die Formierung einer intersektionalen, internationalistischen, sozialrevolutionären und antiimperialistischen Linken sein, die ein Licht in bedrohliche und turbulente Zeiten bringt. Vorausgesetzt sie verlässt ein reines auf-sich- selbst-bezogen-sein und überwindet Spaltungen an Identitäten und unterschiedlichen politischen Vorstellungen und ersetzt Spaltungen durch ein Bewusstsein, das vielfältige und unterschiedliche Perspektiven sieht, kennt und möchte.
Die heutigen Brennpunkte stehen in einem Zusammenhang und sind Teil derselben Entwicklung im kapitalistischen System. Sie könnten daher auch große, gemeinsame Widerstandsräume werden, vorausgesetzt eine solche Linke verlässt ihre innergesellschaftlichen Nischen.
Gemeinsam gegen den Genozid an den Palästinenser*innen, gegen Apartheid wo auch immer in der Welt! Gegen die Mittäterschaft Deutschlands an Genozid und Besatzung durch Waffenlieferungen und Komplizenschaft mit der faschistischen, israelischen Regierung!
Jin, Jiyan, Azadi! Gemeinsam gegen patriarchale Gewaltverhältnisse!
Gemeinsam gegen Rassismus und die Hetze und Repression gegen Migrant*innen und Geflüchtete!
Gemeinsam gegen Imperialismus, Kolonialismus, Militarisierung, Nationalismus und die Kriegsertüchtigung Deutschlands und der NATO Staaten!
Gemeinsam gegen die Verarmung der Mehrheit im Kapitalismus und die Hetze gegen das Heer derer, die für die kapitalistische Verwertung im kapitalistischen Sinne die „Nutzlosen“ sind!
Gemeinsam gegen jede Repression:
Daniela, N+M, die gefangenen und verfolgten Antifas – Maya im Hungerstreik, die Gefangenen der türkischen und kurdischen Bewegungen, die Niedergeknüppelten und von Abschiebung Bedrohten der Palästinasolidarität und viele mehr: sie alle brauchen eine Bewegung, die sich wirksam gegen die Repression im Kapitalismus in der heutigen Zeit stellt.
Freiheit für alle politischen Gefangenen der emanzipatorischen Bewegungen!
Gemeinsam für eine internationalistische, antipatriarchale, sozialrevolutionäre, antiimperialistische und antimilitaristische Bewegung!
Ich wäre gerne bei Euch! Ich bin bei Euch! Ich danke Euch für Eure Solidarität!
Euch, die ihr in Berlin in Solidarität mit Daniela und für eine Gesellschaft ohne Knäste auf der Strasse sein werdet; allen Eingesperrten, Daniela, den durch den Staat – teilweise seit Jahrzehnten – terrorisierten Angehörigen; denen, die auch gezwungen sind, in der
Illegalität zu leben, den Niedergedrückten, den Gedemütigten, den Aufstehenden, den Traumatisierten patriarchaler Verhältnisse, den Traumatisierten der Weltverhältnisse –
Euch allen – von Herzen meine Liebe und alle Kraft der Welt!
seit dem 18. Juni 2025 braucht Daniela die schwere Bleiweste nicht mehr zu tragen, mehr dazu im Artikel.
Die nächsten Prozesstage:
Mittwoch, d. 25.6. um 9 Uhr
Dienstag, d. 1.7. um 10 Uhr
Mittwoch, d. 2.7. um 9 Uhr
Dienstag, d. 8.7. um 10 Uhr
Mittwoch, d. 9.7. um 9 Uhr
Dann ist bis Ende Juli Sommerpause.
Am 23. August 2025 ist wieder eine Kundgebung und neu mit Demo in Vechta um 13.30 Uhr!
Am 13. August 2025 wird ein Bus von Frankfurt nach Verden zum Prozess fahren. Dies sollte Ansporn für weitere Städte/Orte sein. Wir könnten uns vorstellen, dass zumindest einmal im Monat solidarische Menschen jeweils aus einer anderen Stadt beim Prozess dabei sind. Es muss ja nicht immer ein Bus sein. Wenn jeweils um die zehn Menschen dabei wären, wäre es eine tolle Sache. Daniela würde sich sehr freuen, wenn wir so eine monatliche Besuchskette hinkriegen würden. An diesem Tag wird in Verden-Eitze auch wieder eine Kundgebung stattfinden. Offiziell hat die Reithalle Platz für 33 Zuschauer*innen. Die Medienvertreter*innen haben 66 Plätze. Sind aber diese nicht alle besetzt, dürfen normalerweise weitere Zuschauer*innen diese Plätze einnehmen.
Anmerkung: unsere Internetseite wird im Juli startklar sein.
Ein Artikel von Ariane Müller
Endlich: Keine Bleiweste mehr für Daniela Klette!
Die Staatsanwältin Marquardt kann sich nun diese überstülpen.
Am 18. Juni 2025, dem 15. Prozesstag, hat das Landgericht – 1. Große Strafkammer – Verden durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Engelke, den Richter am Landgericht Niemeyer und die Richterin am Landgericht Meinke am 17.06.2025 beschlossen:
Auf den Antrag der Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff auf gerichtliche Entscheidung vom 03.06.2025 wird die Anordnung der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta zum Tragen einer Schutzweste beim Transport außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufgehoben.
Seit Beginn des Prozesses am 25 März 2025, angeklagt wegen 13 Geldbeschaffungsaktionen vor dem Landgericht Verden und nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, muss Daniela Klette auf Anordnung der JVA Vechta eine schwere Bleiweste tragen. Klette musste diese Weste auf den Transporten von der JVA zu den Prozessorten, zuerst in Celle mit zwei Stunden Fahrzeit pro Strecke, und jetzt in Verden-Eitze (eine Stunde Fahrzeit pro Weg) und zurück tragen.
Laut der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta vom 10.06.2025 handelt es sich um eine ballistische Schutzweste der Schutzklasse 4 mit dem zentralen Element von sog. Aufrüstplatten mit einem Gewicht von ca. 12 kg,
Diese verursacht bei Klette anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen mit einhergehenden Verspannungen. Monatelang haben Klette und ihre Anwälte immer wieder auf diesen Punkt hingewiesen.
Die JVA begründete ihre Anordnung damit, dass Klette auf den Transporten erschossen oder durch ein Sprengstoffattentat tödlich oder schwer verletzt werden könnte.
“(…) dass der Angeklagten, die über einen schlanken Körperbau verfügt, während des Transportes Hand- und Fußfesseln angelegt sind, sodass sie weder durch den Einsatz ihrer Hände noch durch eine Veränderung ihrer Sitzhaltung die auf sie durch die Schutzweste wirkende Belastung reduzieren kann.“, so die Richter u.a. in ihrer Begründung.
Mehrmals hatte Klette mündlich und schriftlich erklärt, dass sie auf das Tragen der Bleiweste verzichten will. Die Fixierung der Hände und der Füße ist eine Anordnung von der Bundesanwaltschaft. Auf den Transporten wird Klette immer von drei weiteren Polizeiwagen mit schwer bewaffneten Polizeikräften begleitet.
Alle Prozessbeteiligten hatten am 3. Juni 2025 nach Verhandlungsschluss für einen kurzen Moment sich selbst überzeugen können, sie durften die Bleiweste für einen kurzen Moment überziehen. Alle empfanden die Bleiweste als schwer, belastend und unbequem. Nur die Staatsanwältin Marquardt fand die Bleiweste überhaupt nicht schlimm. Da jetzt die Bleiweste „frei“ ist, kann die Staatsanwältin nun endlich diese während der Verhandlungsdauer ja immer tragen.
Verden. Im Prozess gegen das mutmaßliche Exmitglied der aufgelösten Roten Armee Fraktion (RAF), Daniela Klette, erzielte die Verteidigung einen Zwischenerfolg. Klette muss bei Transporten außerhalb der Justizvollzugsanstalt (JVA) Vechta fortan keine bleibeschwerte ballistische Schutzweste mehr tragen. Die Entscheidung hat der Vorsitzende Richter am Mittwoch im Landgericht Verden verlesen. Die 66jährige musste seit Beginn des Prozesses am 25. März dieses Jahres auf Anordnung der JVA eine solche Weste tragen. Monatelang haben sie und ihre Anwälte auf dadurch verursachte anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen hingewiesen. Die Gefängnisleitung begründete die Anordnung damit, dass Klette auf den Transporten erschossen oder durch ein Sprengstoffattentat schwer verletzt werden könnte. Am 3. Juni konnten sich alle Prozessbeteiligten von dem Tragegewicht der Weste überzeugen. Sie empfanden diese als schwer, belastend und unbequem. Einzig die Staatsanwältin schätzte die Belastung als nicht schwerwiegend ein. Die Richter stellten in ihrem Beschluss ferner fest, dass »der Angeklagten, die über einen schlanken Körperbau verfügt«, durch die Hand- und Fußfesseln »während des Transportes« geschadet werde. Klette könne ihre Sitzhaltung auf den zuletzt rund einstündigen Fahrten nicht ändern. Ariane Müller
Infos zur Busfahrt von Frankfurt zum Prozess nach Verden am 13. August 2025
„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
Wir freuen uns gemeinsam mit euch am 13. August im Bus der Solidarität aus Frankfurt
am Main zum Prozess gegen Daniela Klette nach Verden zu fahren. Abfahrt ist um 01:00
Uhr am DGB Haus in der Wilhelm-Leuschner-Straße in Frankfurt am Main. Nach dem
Prozesstag geht es gemeinsam zurück nach Frankfurt.
Tickets bekommt ihr für 30€ jeden Montag im Infoladen im Exzess in Frankfurt oder per
Mail (danielasoliffm@systemli.org, gerne verschlüsselt)
Seien wir kreativ, farbenprächtig und kämpferisch! Solidarität ist unsere Waffe!